„Sie wurde missbraucht“

Michel Friedman kritisiert Charlotte Knobloch für ihr Interview in der „Jungen Freiheit“. Extremismusforscher beklagt gesellschaftliche Aufwertung des rechten Blattes

BERLIN taz ■ Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Michel Friedman, drückt sich vorsichtig aus. Dass ausgerechnet seine Amtskollegin Charlotte Knobloch der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit ein Interview gegeben hat, findet er „gerade in dieser Zeit problematisch“.

Er selbst habe in den vergangenen Monaten mehrere Anfragen des Blattes, das immer radikaler und extremer geworden sei, abgelehnt. „Ich glaube, dass Menschen, die dieser Zeitung ein Interview geben, missbraucht werden. Sie erreichen nicht die Wirkung, die sie sich wünschen“, sagte Friedman gestern gegenüber der taz. Charlotte Knobloch war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Ob das Interview Konsequenzen im Präsidium des Zentralrates haben wird, mochte Friedman gestern nicht sagen. Dem Staatsminister im Auswärtigen Amt, Christoph Zöpel (SPD), der vor drei Wochen mit einem Interview in der Jungen Freiheit stand, hatte Friedman damals den Rücktritt nahe gelegt. Zöpel hatte sich mit den Worten verteidigt, dass sich Rechte durch Dialog zu demokratischen Rechten wandeln könnten.

Der Hamburger Extremismusforscher Wolfgang Gessenharter findet diesen Gedanken in Bezug auf Leser der Jungen Freiheit absurd: „Die sind in ihrem Weltbild sehr gefestigt und freuen sich über jeden, der die Erosion der Abgrenzung nach Rechts unterstützt.“

Gessenharter bedauert, dass die gesellschaftliche Aufwertung der Wochenzeitung längst passiert ist. „Es haben schon früher zahlreiche Konservative aus dem demokratischen Spektrum mit dem Blatt gesprochen.“

Auch Michel Friedman war in der Zeitung schon einmal mit einem Interview vertreten. „Das Gespräch hat 1990 ein freier Journalist geführt. Ich wusste nicht, wem er das anbietet“, erzählt Friedman. Und die Redaktion der Jungen Freiheit wusste offenbar nicht, wessen Aussagen sie da abdruckt. In dem Beitrag schrieb sie konsequent den Namen falsch: „Michael Friedmann.“ RALF GEISSLER