Was die Expo nicht zeigen wollte

■ Japanische Papierarchitektur: Die Galerie Renate Kammer zeigt noch bis zum Ende dieser Woche die Konstruktionen von Shigeru Ban, wie sie eigentlich hätten sein sollen

Papier wurde in Ostasien erfunden und in Japan spielt es seit langem eine Rolle in der Inneneinrichtung und der Architektur. Dass aber auch Tragwerkkonstruktionen aus Papier möglich sind, hat seit 1989 vor allem der Architekt Shigeru Ban aus Tokio bewiesen. Spätes-tens mit den nach dem Erdbeben in Kobe aus Papprollen auf Bierkis-tenfundamenten gebauten Notunterkünften wurde die Verwendung des Baumaterials auch in Europa bekannt. Doch erst in diesem Jahr wurden solche Bauten auch außerhalb Japans verwirklicht: im Garten des MoMa in New York, auf der Architektur-Biennale in Venedig und auf der Expo in Hannover. Die Hamburger Galerie Kammer widmet aus diesem Anlass dem Architekten eine Ausstellung, die mit Zeichnungen, Fotos und Modellen Entstehen und Struktur des Japanischen Pavillons auf der Weltausstellung dokumentiert.

Wände voller Entwurfsdetails – Skizzen und die Fax-Korespondenz mit dem in Deutschland für offene Formen bekannten Architektenbüro Frei Otto – sind dort eingehend zu studieren, Gewölbemodelle und Probestücke für unübliche Verbindungen machen die Bauweise anschaulich und für Fachleute verstehbar.

Die stärker als erwartet belastbare Papprolle scheint die zeitgemäße, hervorragend zu recycelnde Variante des ebenfalls im Westen erst langsam entdeckten, in Asien allgegenwärtigen Baumaterials Bambus zu sein. Und obwohl in Asien erprobt und in Japan von der Bauaufsicht offiziell zugelassen, schien den deutschen Beamten eine solche Konstruktion vollkommen abwegig. Trotz des Experimente fordernden Umfeld EXPO und der Tatsache, dass Japan ja ein in technischen Dingen nicht gerade rückständiges Land ist, haben die hiesigen Baubehörden wesentliche Veränderungen verlangt und den Bau nur mit zusätzlichen Stahlverdrahtungen und Plastiküberzügen erlaubt: Ein leider fast nur Fachkreisen bekannter weiterer Skandal jener so halbherzig unterstützten und gemanagten Hannoveraner Weltmesse.

Shigeru Ban hat aber auch wunderbar offene Villen und grandios reduzierte Apartments gebaut, etwa das „Walls-less-House“ oder das „Furniture House“. Um sich über solche und andere Raum-experimente des 1957 geborenen Baumeisters zu informieren, müssen die Besucher sich allerdings bedauerlicherweise mit dem ausliegenden Magazin The Japan Architekt £30 zufrieden geben, da dies leider nicht mehr Teil der Ausstellung ist. Hajo Schiff

noch bis 22.10., Di - So 12 - 18 Uhr, Galerie Renate Kammer, Münzplatz 11. Der Katalog kann dort zum Preis von 38 Mark bestellt werden