„Weniger als ein Sparbuch“

Showdown beim alternativen Anlagefonds Ethik. Auf Grund der Mehrheitsverhältnisse ist es jedoch unklar, ob der heftig kritisierte bisherige Chef abgewählt werden kann. 1,4 oder 12,4 Prozent?

von DAVID SCHRAVEN

Es wird einsam um Hans Berner, den alleinigen Vorstandsvorsitzenden der Ethik Vermögensverwaltung Köln AG. Gesellschafter seiner Aktiendepots „Ethik Plus“ „Ethik S&R“, „Ethik secur“ und „Ethik Ethventure“ wollen den Wertpapierverwalter auf einer Gesellschafterversammlung am 28. Oktober absägen und den Bonner Finanzmanager Philipp Spitz als neuen Geschäftsführer der Ethikdepots durchsetzen. Den Ort der Versammlung hat Ethik noch nicht bekannt gegeben, voraussichtlich jedoch liegt er in Köln (Stand 12. 10.)

In die Depots haben auch mehrere führende Grüne ihr Geld gesteckt. Die Namen können aus rechtlichen Gründen jedoch nicht genannt werden.

Hintergrund des geplanten Showdowns: Die Staatsanwaltschaft hat vor dem Landgericht Köln Klage gegen Berner erhoben. Er soll Gesellschaftsvermögen in Höhe von knapp einer Million Mark veruntreut haben. Der Finanzjongleur hatte nach Ansicht der Staatsanwälte unerlaubte „Kick-Back-Zahlungen“ von seinen Brokern erhalten. Im Klartext: Berner habe Geld von den Aktienhändlern dafür bekommen, dass er Aufträge an sie vergab. Als Geschäftsführer der Ethikfonds hätte er das Geld an die Gesellschaft weiterreichen müssen. Stattdessen steckte er nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft 998.086,71 Mark in die eigene Tasche. Ein Termin für den Prozess ist noch nicht angesetzt.

Hans Berner will von den Vorwürfen nichts wissen. „Eine Veruntreuung hat es nicht gegeben“, sagt er. Die Ermittlungen würden sich bald in Luft auflösen.

Die kritischen Gesellschafter werden von Eberhard Reinecke vertreten. Der Kölner Rechtsanwalt will, dass Berner die „unterschlagene“ Million zurück an die Gesellschaft zahlt. „Das ist juristisch sehr eindeutig“, sagt er. Mit dem neuen Depotgeschäftsführer Spitz wäre das auch leicht umzusetzen. Aber dazu müsste Spitz erst mal gewählt werden. Und das ist nicht so einfach. Denn die Depots sind als Gesellschaften bürgerlichen Rechts organisiert. Das heißt: Die Gesellschafter haben so viele Stimmen, wie sie an Kapital in die Depots eingezahlt haben. Bisher hatte Berner immer die Mehrheit auf seiner Seite. Ein ehemaliger Mitarbeiter Berners weiß, wieso: „Er hat das Kapital der Depots untereinander verschoben“, also: Geld von dem einen Fonds an den anderen soll er gezahlt haben. Als Geschäftsführer des Geld gebenden Depots habe er sich so immer die Mehrheit in den Geld erhaltenden Fonds gesichert. Damit sei er sicher vor unangenehmen Überraschungen gewesen, sagt der ehemalige Mitarbeiter. Berner selbst bestreitet dieses Vorgehen. „Das ist völliger Blödsinn.“

Mit Philipp Spitz glauben die kritischen Gesellschafter einen guten Kandidaten gefunden zu haben. In einem Brief an die anderen Gesellschafter stellen sie den Manager vor. Spitz hat in Bonn Volkswirtschaft studiert, war selber knapp zwei Jahre in der Ethik Vermögensverwaltung beschäftigt und arbeitete bei der Hypovereinsbank als Analyst.

Spitz setzt darauf, dass die Gesellschafter sich von seinen Erkenntnissen überzeugen lassen und Berner das Vertrauen entziehen. Dabei greift er weniger die kriminelle Energie Berners an als die schlechte Entwicklung der Ethikfonds. Mit einem Wachstum von durchschnittlich nur 1,4 Prozent im Jahr „wurde weniger Rendite erzielt als mit einem Sparbuch“. Als Grund macht der Analyst Spitz die Anlagestrategie Berners aus. „Da wurde über Jahre in dieselben Unternehmen in den USA investiert. Die Entwicklungen in Europa oder Deutschland hat Berner verschlafen.“ Allein mit den dänischen Windanlagenherstellern „Vestas“ oder „NEG Micon“ sei eine Performance von über 800 Prozent in den letzten neun Jahren erzielbar gewesen.

Dass Berner die Entwicklungen nicht aufgegriffen hat, liegt für Spitz entweder daran, „dass er faul oder unfähig ist“. Der Angegriffene wehrt sich. So sagt er, dass er eine Rendite von 12,4 Prozent im Jahr erwirtschaftet habe. Berner: „Meine Zahlen sind von unabhängigen Wirtschaftsprüfern testiert worden.“ Kritiker Spitz weist jedoch darauf hin, dass sich seine wesentlich geringere Rendite aus Rundbriefen errechnet, die Ethik und damit Berner selbst veröffentlicht hat.

Auch mit den ethischen Grundsätzen der Aktiengeschäfte Berners war es nicht so weit her, sagt Spitz. So habe Berner noch in die „Owens Corning“ investiert, obwohl bekannt gewesen sei, dass deren Mutterfirma Siliconbrustimplantate herstellte, die im Verdacht stehen, Krebs zu erregen. Ebenso hatte Berner laut Spitz kein Problem, in die „Energy Conversion Devices“ zu investieren, obwohl diese mit dem russischen Atomministerium zusammenarbeite. Berner bestreitet, jemals in „Owens Corning“ investiert zu haben. Auch in die „Energy Conversion Devices“ habe er „meines Wissens“ kein Geld gesteckt.

Mit den Mitarbeitern ging Berner nicht pfleglich um. Nach Angaben ehemaliger Ethikbeschäftigter „terrorisierte“ er die Belegschaft. Eine Frau bekam auf Grund des Drucks einen Hörsturz. Einen anderen Beschäftigten ließ Berner am Arbeitsplatz von der Kriminalpolizei verhaften. Er warf dem Mann vor, Betriebsgeheimnisse gestohlen zu haben. Als Beweis präsentierte er der Polizei Dateien, die wenige Tage zuvor von dem Beschuldigten bearbeitet worden seien. Berner behauptete, dass beim Speichern der Dateien auf Disketten automatisch „Alias-Dateien“ erzeugt würden, die den Täter überführen würden. Nach einigen Wochen stellte die Polizei die Ermittlungen ein. Berners Behauptungen seien „nachweislich nicht richtig“, schrieben sie in der Begründung. Als Hintergrund der Anzeige Berners nimmt der Beschuldigte an, dass der Ethik-Boss ihn um den Lohn prellen wollte. 10.000 Mark habe Berner bis heute nicht gezahlt. Mittlerweile klagt der ehemalige Mitarbeiter seinen Lohn vor dem Landgericht Köln ein.