Unsichtbare Lobbyarbeit

Drei Tage lang diskutierten Frauenbeauftragte, wie sie ihre Rolle stärken können

FREIBURG taz ■ Kämpferisch wie in den 70er-Jahren geben sich die 370 Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten auf ihrer 14. Bundeskonferenz in Freiburg. „Eine gesetzlich verankerte Gleichberechtigung im patriarchalen System“ fordert die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros, Anne Schilling.

Denn auch wenn sich die institutionelle Frauenförderung seit 1980 mit inzwischen über 1.700 Frauenbeauftragten bundesweit fest etabliert hat – dort, wo die kommunale Frauenbeauftragte wie in Baden-Württemberg kein Muss sind, wird gesägt. „Wenn mir vor einem Jahr jemand gesagt hätte, deine Stelle ist in Gefahr, hätte ich geantwortet: niemals“, sagt Schilling, Frauenbeauftragte der Stadt Heilbronn.

Doch seit Heilbronn eine erste Bürgermeisterin hat, wittert die Verwaltung Einsparmöglichkeiten. Dabei gibt es Arbeit genug: Schilling muss Arbeitsbeschaffungsprogramme mit Teilzeitangeboten, Krabbelplätzen und Kinderbetreuung an Land ziehen und für steuerliche Begünstigungen sorgen.

Bei Amtsantritt hatte Frauenministerin Christine Bergmann (SPD) versprochen, die Position der Frauenbeauftragten zu stärken. Doch die Rechtslage ist bislang alles andere als gesichert.

Bundessprecherin Schilling hat sich deshalb auf der dreitägigen Tagung in Freiburg für ein Forum stark gemacht, in dem Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte als eigenständige politische Kraft diskutieren.

Das Konzept des „Gender Mainstreaming“, der Gleichstellung von Frauen und Männern (entwickelt 1995 auf der 4. UNO-Weltkonferenz) ist für die Beauftragten ein großes Thema. Dass die Forderung nach Chancengleichheit auf politischer, sozialer und privater Ebene keine gezielte Frauenförderung ersetzt, darüber sind sie sich weitgehend einig. Die Wiedereingliederungsprogramme, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der Arbeitsämter sind gefüllt mit Angeboten für arbeitslose Männer. Aber nur wenige richten sich an ausdrücklich Frauen oder gar allein erziehende Mütter. „Wir müssen begreifen, dass sich bestimmte Maßnahmen auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirken“, betont Schilling.

Inwieweit Gender Meanstreaming jedoch die Rolle der Frauenbeauftragten künftig verändern wird, ist noch ungewiss. „Wir verrichten unsichtbare Lobbyarbeit“, meint die Freiburger Gastgeberin und Bundessprecherin Ursula Knöpfle.

„Visionen, Strategien und neue Wege für die Frauenpolitik“ war denn auch der dritte Schwerpunkt des Treffens: Hier ging es unter anderem um die Frage, wie Frauen an der Städteplanung stärker beteiligt werden können.

Das scheint dringend nötig. Als Ursula Knöpfle das Freiburger Konzerthaus als Tagungsort buchen wollte, lautete die erste Frage des Oberbürgermeisters: „Kann die Knöpfle sich das überhaupt leisten?“ „Ja“, sagt die Frauenbeauftragte. „Wir Frauen müssen lernen, egoistischer zu werden.“ MARIANNE MÖSLE