ai: Auch Beamte foltern

Menschenrechtsorganisation kritisiert Behandlung von Flüchtlingen durch deutsche Behörden. Bundesregierung soll Abschiebung bei drohender Folter verbieten. Neue Kampagne gestartet

BERLIN taz ■ Folter ist ein weltweites Problem, das nicht nur Diktaturen in der dritten Welt betrifft, sondern auch demokratische Staaten. Darauf hat die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) gestern zum Start ihrer weltweiten Anti-Folter-Kampagne hingewiesen. „Es gibt keine Region der Welt, die man als folterfreie Zone bezeichnen könnte“, sagte ai-Generalsekretärin Barbara Lochbihler in Berlin. In mehr als 130 Ländern würden Menschen gefoltert oder grausam misshandelt, berichtete Lochbihler, „die Tendenz ist steigend“.

Ausdrücklich kritisiert amnesty den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland. Abschiebehäftlinge seien immer wieder „grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung“ durch Beamte ausgesetzt. Menschenrechtserziehung müsse deshalb zum „festen Bestandteil“ der Ausbildung bei den zuständigen Behörden werden. Das Bundesinnenministerium wies diese Forderung gestern sofort zurück. Die Beachtung der Menschenwürde sei bereits oberstes Gebot für die Polizei.

Amnesty fordert ein Verbot der Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern bei drohender Folter. Als aktuelles Beispiel nannte die Organisation zwei ägyptische Asylbewerber, deren Abschiebung vom Flughafen Frankfurt/Main unmittelbar bevorstehe. Für die beiden Männer bestehe die Gefahr, nach ihrer Rückkehr gefoltert zu werden.

Zudem fordert amnesty die Berliner Regierung auf, mehr als bisher zum Kampf gegen Folter beizutragen. So sei es völlig unverständlich, warum Deutschland immer noch nicht die Möglichkeit der Individualbeschwerde nach Art. 22 der UN-Anti-Folter-Konvention anerkannt habe. Dies endlich nachzuholen wäre ein „konkreter Beitrag zur Glaubwürdigkeit ihrer Menschenrechtspolitik“.

LUKAS WALLRAFF

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