Gentests und Versicherungen

Britische Regierung erteilt Qualitätssiegel für genetische Untersuchungsmethode. Einen Gentests verlangen dürfen Versicherungen nicht

„London erlaubt Gentest für Krankenversicherungen.“ Diese Meldung, die vor wenigen Tagen für Schlagzeilen sorgte, ließ sogleich die Befürchtung laut werden, dass jetzt auch in Europa „genetische Diskriminierungen“ Einzug halten und Menschen nur deswegen benachteiligt werden, weil sie ein als Riskofaktor eingestuftes Gen besitzen.

Aus den USA sind derartige Nachrichten ja seit längerem schon bekannt. Dort dürfen – in einigen Bundestaaten zumindest – Versicherungen und Arbeitgeber genetische Untersuchungen verlangen, bevor sie eine Versicherungspolice ausstellen oder einen neuen Mitarbeiter einstellen. Zeigt der Gentest, dass Anlagen für eine Erbkrankheit vorliegen, können zum Beispiel Lebens- oder Krankenversicherungen den Vertragsabschluss verweigern oder höhere Prämien verlangen.

So weit ist es in Großbritannien noch nicht. Dort hat das von der Regierung eingesetzte „Genetics and Insurance Committee“ (GAIC) lediglich zwei Gentests mit einem amtlichen Prüfsiegel versehen. Mit beiden Tests kann das für die Chorea-Huntington-Krankheit verantwortliche Gen nachgewiesen werden. Chorea-Huntington, eine schwere, tödlich verlaufende Nervenerkrankung, bricht in den allermeisten Fällen erst im Erwachsenenalter aus. Nach dem Erscheinen der ersten Krankheitssymptome leben Chorea-Huntington-Patienten im Durchschnitt noch 15 bis 20 Jahre. Das britische Komitee hat jetzt die Qualität und Aussagekraft der beiden Gentests bestätigt. Die Erlaubnis, dass Versicherungen die Durchführung eines Gentests verlangen können, ist damit nicht erteilt worden. Lebens- und Krankenversicherungen dürfen leglich nach dem Ergebnis bereits duchgeführter genetischer Untersuchungen fragen. Das war aber bisher auch schon die Praxis und nicht auf Chorea-Huntington beschränkt.

Auch in Deutschland müssen potenzielle Versicherungsnehmer das Ergebnis von Gentests vor Vertragsabschluss offen legen, wenn damit eine schwere Erbkrankheit nachgewiesen worden ist. Ein Gentest als Vorbedingung darfauch hierzulande von Versichungsunternehmen nicht verlangt werden.

„Momentan und in absehbarer Zukunft werden die Versicherungsunternehmen weder Gentests als Mittel der Risikodifferenzierung verlangen noch ausdrücklich nach durchgeführten Gentests fragen“, sagte Karl Panzer vom Gesamtverband der Deutschen Versichungswirtschaft Anfang der Woche in Berlin auf einer Expertenanhörung der Enquetekommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“. Die Versicherungen erwarten allerdings die Offenlegung aller gesundheitsrelevanten Informationen. Dabei gebe es keine Unterscheidung, wie sie letztendlich gewonnen wurden.

WOLFGANG LÖHR