herr hefele kriegt zwei minuten
: ALBERT HEFELE über das Gezänk zweier Fußballzicken

Noch alle Tassen im Schrank?

Was sogar dem dumpfsten Leser aufgefallen sein dürfte: Ich habe mich aus der Daum/Hoeneß-Diskussion herausgehalten! Kein Wort dazu gesagt. Vornehm geschwiegen. Meinen Standpunkt zu Daum habe ich außerdem schon zu einem früheren Zeitpunkt dargelegt. Wenn Sie sich erinnern wollen – ich habe Christoph Daum angesichts seiner aufgeregten Glotzaugen prophezeit, dass er dem Wahnsinn anheim fallen werde. Und dass er den Bundestrainerposten nicht an Land ziehen werde. Ziemlich genau so ist es gekommen, wir wollen aber nicht weiter drüber reden, triumphierende Gesten sind mir fremd. Das heißt, wir wollen schon noch drüber reden, aber in einem anderen Zusammenhang, vielleicht unter dem Arbeitstitel: „Habt ihr noch alle Tassen im Schrank?“

Was mich stört, kann ich ohne Mühe präzisieren. Mich stört, dass das Gezänk zweier Fußballzicken wochenlang meine Nerven strapazieren darf. Zwei, die seit Jahren kleine, aber hartnäckige Rechnungen offen haben, die sie sich bei jeder Gelegenheit präsentieren. Zicken eben. Deren Ehren- und Sportsmann-verbrämtes Gezerre und Gekeife schmatzt und schmort sich ätzend-grün durch alle Zeitschriften und Kanäle. Und hört nicht auf, sich auszubreiten, und hat sich so peu à peu in den Rang eines politischen Ereignisses hochgeköchelt. Politische Talk-Shows thematisieren das Drama und die Rolle der Medien. Dürfen die das? Die Medien nämlich – alles abnagen und durchkauen und die persönliche Sphäre der Betroffenen nicht achten? Der Mann hat schließlich Kinder! Das mag wohl sein, der Mann hat aber schon länger Kinder und hat uns trotzdem seine Seele verkauft. Uns, dem Publikum und den Medien.

Blödsinn? Gar kein Blödsinn! Blödsinn ist, wenn Daum oder Hoeneß oder welcher Fußballkasper auch immer glaubt, sein Tagwerk sei irgendwie gottgewollt und von höherer Bedeutung. Liebe Herren: Fußball und damit ihr alle, die ihr als Fettaugen auf dieser Suppe schwimmt, seid nur wichtig, weil es uns – die Konsumenten und die Berichterstatter – gibt! Wenn wir nicht über jeden Furz, den ihr lasst, berichten würden, gäbe es keine fünf Millionen oder mehr pro Jahr in die Lohntüte. Das ganze Geschäft ist der Tanz um ein hohles Goldenes Kalb. Ein absolut künstlich aufgeblasener Popanz, den wir nur am Leben erhalten können, weil unsere Zeit so ist, wie sie ist.

Ich liebe den Fußball, aber ich weiß ganz genau, dass er nichts zu bedeuten hat. Die Welt würde sich absolut ungerührt weiterdrehen, wenn es nie einen gegeben hätte, der den vollkommenen Spannstoß beherrschte. Es gibt heute noch Gegenden am Amazonas, wo man nie von Andrade, Pelé oder Maradona gehört hat. Von Hoeneß und Christoph Daum ganz zu schweigen. Und – man soll es nicht glauben: Diese Menschen kommen wunderbar zurecht. Seid also demütig und fallet – mit uns zusammen – auf die Knie und danket wem auch immer, dass es das Schicksal so gut mit uns gemeint hat.

Und bleiben wir auf dem Boden der Tatsachen. Auch du, Christoph Daum! Mach bloß keinen Blödsinn jetzt. Du kommst natürlich wieder auf die Füße und wirst nach ungefähr einem Jahr oder so in Dubai oder so wieder auftauchen und kein Hahn wird nach deiner Vergangenheit krähen. Denn ein jeder, der dieses Geschäft kennt und den Verzehr von Drogen als mit der Fußballerehre unvereinbar proklamiert, ist entweder ziemlich blöde oder lügt, dass sich die Balken biegen. Denn merke: Ein Alkoholiker ist qualitativ auch nichts Tolleres als ein Kokser! Überall, wo der Druck hoch ist und viel Öffentlichkeit vorhanden, müssen sich die, die mit den großen Hunden pinkeln wollen, mehr oder weniger regelmäßig mit Branntwein oder Chemie gegen die böse Welt da draußen wappnen. Ob uns das gefällt oder nicht, es ist gerade im Profisport so!

Wenn sich sogar die Behinderten dopen!

Fotohinweis:Albert Hefele, 48, ist Ergotherapeut und schreibt über die fundamentalen Dinge des sportlichen Lebens