Moralische Schuld

■ Hamburger Polizist, der Kollegin sexuell bedrängte, steht in Bayern vor Gericht

Im Prozess um die sexuelle Nötigung einer Kollegin hat ein Hamburger Polizist gestern jede strafrechtliche Schuld von sich gewiesen. Sein Verhalten sei lediglich in moralischer Hinsicht verwerflich, sagte der 35 Jahre alte angeklagte Beamte vor dem Landgericht Schweinfurt. Er räumte ein, eine Kollegin in jener Nacht vorigen Dezember vor der Damentoilette in einem Waschraum abgepasst zu haben. Dabei sei es auch zu körperlichen Kontakten gekommen.

Die ebenfalls aus Hamburg stammende Polizeibeamtin hatte den Kollegen wegen sexueller Nötigung angezeigt. Er habe sie bei der Abschlussparty eines Fortbildungs-Seminars im unterfränkischen Bad Königshofen im Dezember 1999 auf der Damentoilette massiv bedrängt und zu Boden geworfen. Dann habe er versucht, die Frau zu entkleiden. Nach den Ermittlungen hatte der 35-Jährige damals 2,5 Promille Alkohol im Blut.

An dem Seminar hatten die beiden im Rahmen der Kommissarausbildung teilgenommen. Die Beamtin, die vor dem Eintritt in den Polizeidienst als Schauspielerin gearbeitet hatte, hatte sich während des gesamten Verlaufes am lockeren Umgang einiger Kollegen mit Alkohol gestört. Am letzten Abend, so sagte die Frau vor Gericht, wollte sie sich aber nicht ausschließen und habe im Aufenthaltsraum mitgefeiert. Nach der Attacke in der Damentoilette habe sie von ihrem Kollegen zunächst eine Entschuldigung erwartet. Der habe nur gesagt: „Aber du hast es doch gewollt.“

Die Beamtin meldete den Vorfall nach der Rückkehr in Hamburg. Danach habe sie gehört, dass es mehrere solcher Fälle von sexueller Belästigung in der Polizei gegeben habe. Sexuelle Anmache oder sogar Übergriffe auf Kolleginnen im Polizeidienst sind offenbar keine Seltenheit, meinte sie unter Berufung auf Berichte anderer Kolleginnen. Nur wenige erstatteten allerdings Anzeige. Männliche Kollegen betrachteten derartige Übergriffe oft als Kavaliersdelikt. lno