radwege-masterplan
: Beruhigung für grüne Klientel

Die Verkehrsrepublik Deutschland ist ein Dorado der Radfahrer. Bitte? Ja, im übertragenen Sinne des Begriffs Radfahrer: eines der Schleimer, Anbiederer, Opportunisten. Am meisten ist der Deutsche, natürlich, ein Radfahrer in Autofragen. Der ideologische Geifer zuletzt („Benzinwut“) mag zur Erklärung reichen. Wenn es wirklich ums Radfahren geht, guckt keiner hin: Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte jetzt zum „Öffentlichen Rad/t/Schlag“ geladen mit dem Ziel, einen „Masterplan Rad“ zu entwickeln. Medieninteresse: nahe Null.

Kommentarvon BERND MÜLLENDER

Dabei ist so ein Masterplan, siehe Holland, eine tolle Sache. Weil er funktioniert, Radfahrer endlich als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer achtet und sie fördert. Aus vielen guten Gründen: ökologisch, kostengünstig, gesundheitspolitisch. Und weil auch der gemütliche Pedalentritt auf Kurzstrecken oft schneller ist. Radfahrer sind, mit und ohne Autokanzler, hier zu Lande die erklärten Feinde aller Verkehrsteilnehmer und -verantwortlichen. Etwa des Fußgängers: weil die Pedaleure eh alle rücksichtslos sind und dauernd durch Fußgängerzonen rasen. Des Autofahrers: weil der Radler vorsintflutliches Verkehrshindernis ist und jeder Radwegzipfel ein verschenktes Stück Parkplatz. Und des städtischen Verkehrsplaners: weil Radlers Wünsche und Bedürfnisse stets mit denen der anderen, meist der Benzinmaschinenbeweger, kollidieren. Und weil jede Mark und Mühe unnütz scheint. Und nur Ärger bringt.

Radpolitik in Deutschland ist unbekannt. Das Vorzeigeprojekt „Fahrrad- und fußgängerfreundliche Innenstadt“ in Aachen wurde, von Rot-Grün übrigens, beerdigt, weil die bornierte Kaufmannschaft erfolgreich gezickt hatte. „Fahrradfreundliche Städte“ im rot-grünen NRW sind nur homöopathisch weniger unfreundlich als die anderen. Berlin ist, trotz niederländischer Flachheit, auch eine Hauptstadt der Radfeindlichkeit. Und bitte: Welche Gemeinde hat es eigentlich bis heute geschafft, durchgängig auf ihren Sackgassenschildern zu kennzeichnen, wo man zu Fuß oder per Rad doch durchkommt?

Ein wirksamer Masterplan setzt, wie die Holländer uns wissen lassen, auch „unpopuläre Maßnahmen“ voraus, also auch mal gegen das Auto. Ach du Schreck! Arme Grüne: Entweder die Debatte endet in einem politischen Debakel wie der Streit um den Fünfmarksprit 1998. Oder durch Kompromisse ist die Luft bald raus. Bis dahin ist die Klientel jedoch beruhigt.

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