Wieder Gefeilsche

■ Zwangsarbeiter: IG Metall kritisiert BDI-Chef ganz wirtschaftsfreundlich

Obwohl im Sommer das Gesetz zur finanziellen Entschädigung ehemaliger NS-ZwangsarbeiterInnen in Kraft getreten ist, muss die Forderung an Wirtschaftsunternehmen immer noch lauten: „Schluss mit dem Gefeilsche – Zwangsarbeiter sofort entschädigen“. Denn statt nun endlich ihren Obulus zu entrichten, bemühen sich Unternehmerverbände lieber, das Gesetz zu Gunsten der Privatwirtschaft abzuändern. Die IG Metall Küste hat deshalb gestern in einem mit jener Forderung überschriebenen offenen Brief an den Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, dessen entsprechende Vorschläge verurteilt.

Henkel hatte angeregt, Unternehmen mit staatlicher Beteiligung dem von der Privatwirtschaft zu erbringenden Anteil in Höhe von 5 Milliarden Mark an der Stiftung „Erinnern, Verantwortung, Zukunft“ anzurechnen. Dieser Vorstoß, so die neunzehn Geschäftsführer der IG Metall Küste sowie deren Bezirksleitung, „hat uns entsetzt“. Allerdings begründen die Gewerkschafter ihr Entsetzen nicht mit dem Leid der NS-ZwangsarbeiterInnen, die bis heute noch keine Anerkennung erfahren haben und aufgrund ihres hohen Lebensalters auch nicht mehr lange darauf warten können. Vielmehr fürchtet die IG Metall Küste einen Schaden für den Wirtschaftsstandort Deutschland: „Ihr Schachern um Gelder für die letztmögliche symbolische Anerkennung der Zwangsarbeiter schadet unserem Ruf.“

Die IG Metall Küste erinnert den BDI-Chef an dessen Äußerungen im Sommer, in denen er sich gegen Rechtsradikalismus ausgesprochen hatte. Henkel hatte Betriebe ermutigt, auffällig gewordenen rechten MitarbeiterInnen zu kündigen. „Das ist der richtige Weg“, loben die Gewerkschafter, „wir teilen Ihre Auffassung, dass Rechtsradikalismus, Neonazismus und Ausländerhass auch für den Standort Deutschland schädlich ist.“ Ebensolches „Engagement“ vermissen die Gewerkschafter in der Frage der Zwangsarbeiter-Entschädigung. Neben der eigenen Ehrenrettung hätte die Wirtschaft zudem die „historische Chance, ihre eigene unrühmliche Geschichte während des Nationalsozialismus aufzuarbeiten“. Elke Spanner