Erfolg für Obrigheim-Gegner

Bundesverwaltungsgericht: Sicherheit des Atomkraftwerks muss erneut geprüft werden. Kläger hoffen auf Entscheidung vor geplanter Abschaltung Ende 2002

BERLIN taz ■ Die Gegner des ältesten deutschen Atomkraftwerks Obrigheim haben einen Teilerfolg erzielt: Das Bundesverwaltungsgericht hob gestern ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg vom Oktober 1999 auf, der die Klage dreier Anwohner auf Stilllegung abgewiesen hatte.

Der VGH habe nicht ausreichend geprüft, ob der Reaktor entsprechend den erteilten Genehmigungen gebaut ist, heißt es in der Begründung. Nun muss er sich erneut mit dem Kraftwerk beschäftigen. Die Anwohner sehen sich gestärkt und wollen eine vorläufige Abschaltung bis zur endgültigen Entscheidung beantragen.

Die Kläger hatten geltend gemacht, das AKW sei anders als genehmigt gebaut worden, es liege daher keine gültige Betriebsgenehmigung vor. Sie bemängelten unter anderem, dass der Reaktordruckbehälter nur 157 Millimeter dick sei, während die Genehmigung eine Stärke von 190 Millimetern vorsehe. Das Land Baden-Württemberg als Genehmigungsbehörde hatte den Standpunkt vertreten, vor einer Stilllegungsverfügung müsse die Genehmigung zunächst widerrufen werden. Ein Widerruf sei aber falsch, da das Kraftwerk sicher sei. „Wenn eine Genehmigung fehlt, kann man sie nicht widerrufen“, sagte dagegen der Anwalt der Kläger, Peter Becker.

Das Bundesverwaltungsgericht gab ihm darin Recht: Das AKW sei nur dann als genehmigt zu betrachten, wenn es entsprechend den erteilten Genehmigungen gebaut wurde oder zumindest trotz etwaiger Abweichungen davon nachprüfbar sicher sei. Eine Prüfung hatte der VGH Baden-Württemberg aber nicht vorgenommen, weil er der Auffassung war, es komme nur darauf an, ob überhaupt eine Genehmigung vorliege.

Becker zeigte sich zufrieden mit dem Urteil: „Das Bundesverwaltungsgericht sagt deutlich, dass das Verfahren nicht ordnungsgemäß war.“ Man werde jetzt ein Eilverfahren anstrengen, um den Reaktor sofort abschalten zu lassen – nicht, dass er schon längst vom Netz ist, wenn die Entscheidung fällt. Im Atomkonsens ist eine Abschaltung Ende 2002 vorgesehen. AZ.: 11 C 1.00 MATTHIAS SPITTMANN