Donald Trump und der neue Höhenflug

Ein Trump-Tower am Alexanderplatz wäre ganz nach dem Geschmack einer Stadt, deren hochfliegende Träume von der Metropole bislang wie Seifenblasen zerplatzten

So ist das mit den Business Angels. Sie sind immer gerade nicht da, wenn man sie braucht. Das gilt nicht nur für die Startup- und Internetszene, sondern auch für den Berliner Immobilienmarkt, vor allem dort, wo ihm sein größtes – zumindest vertikales – Wachstum verordnet wurde – am Alexanderplatz.

Donald Trump, der Immobilien-Tycoon von New York, ist so ein Engel. Seit Tagen schon fieberte Berlin ihm entgegen, das Galadiner im Hotel Adlon am Brandenburger Tor war bestellt, die gesamte Berliner Society (etwa 150 VIPs an der Zahl) geladen, der Termin mit dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Senatsbaudirektor Hans Stimmann (SPD) vereinbart. Allein Donald Trump, der seinen Besuch mit einer Bauplatzbesichtigung für einen europäischen Trump-Tower verbinden wollte, sagte kurzerhand ab. So schnell kann aus einem Business Angel ein fallen angel werden.

Berlin-Alexanderplatz. Weithin sichtbar prangen auf dem 220 Meter breiten Haus der Elektroindustrie weiße Lettern, die zusammengelesen ein Zitat aus Döblins Großstadtroman der 20er-Jahre ergeben. Der Platz selbst ist, auch zehn Jahre noch der Wende, ostig wie eh und je. Zwar wurde aus dem Centrum-Warenhaus eine Kaufhoffiliale und aus dem Hotel Stadt Berlin das Forum-Hotel. Doch der DDR-Charme als verkehrsumtoster, fußgängerorientierter People‘s Place ist geblieben. Keine Neue Mitte also, sondern alt gebliebener Osten.

Vielleicht wünscht sich ja gerade deshalb Senatsbaudirektor Hans Stimmann Engel wie Donald Trump herbei. Schon lange ist der Alexanderplatz den Hauptstadtplanern ein Dorn im Auge. Mit Hilfe feingeistiger Urbaniten in den Berlin-Feuilletons abwechselnd als „zugige Brache“ oder „mongolische Steppe“ kulturell entwertet, setzte der Senat schon nach der Vereinigung auf ein Höhenlifting, ein Manhattan im Osten.

Zwölf Türme mit einer Höhe von jeweils 150 Meter sah der Entwurf vor, mit dem 1993, im Jahr der Berliner Olympiapleite, der Architekt Hans Kollhoff als Sieger aus dem städtebaulichen Wettbewerb Alexanderplatz hervorging. Für zehn dieser Hochhäuser ist mittlerweile Baurecht geschaffen.

Weil aber Baurecht im leerstandsgebeutelten Berlin schon lange nicht mehr Baubeginn bedeutet, kam Donald Trump gerade recht, schien er doch wieder den Berliner Traum der Nachwendezeit zu erwecken, die aus dem Nichts in den Himmel wachsende Metropole, Berlin als europäisches Dienstleistungszentrum, als Drehscheibe zwischen West und Ost.

Seit Wochen nun also träumt man in Berlin vom Trump Tower. Das höchste und teuerste Gebäude der Stadt soll es mit Bestimmtheit werden und entweder am Lehrter Bahnhof, am Zoo oder am besten am Alexanderplatz entstehen.

Nichts Genaues weiß man noch nicht, aber das ist auch egal. Schließlich wird Berlin gebauchpinselt wie schon lange nicht mehr. So sagte ein Sprecher der neu gegründeten „TD Trump Deutschland AG“: „In einem scheint sich Herr Trump bereits festgelegt zu haben. Wenn er sich außerhalb der USA derart engagiert, dann nur in Berlin. Von dieser Stadt schwärmt er. Er nennt sie das Tor zur neuen Welt.“ Was macht es angesichts solcher Lobeskanonaden aus, dass Trump noch nie in Berlin, ja noch nicht einmal in Deutschland war?

Und so schnell auch nicht wiederkommen wird. Mittlerweile hat das Adlon, so schnell es ging, 150 Absagen an die Society geschickt, ohne dabei einen neuen Termin nennen zu können. Zum schnellstmöglichen Zeitpunkt, ließ Hans-Hermann-Tiedje, ehemaliger Chefredakteur der BILD und nunmehr im Aufsichtsrat der Trump Deutschland, wissen, werde der Besuch nachgeholt, vielleicht sogar schon in der zweiten Novemberwoche. Doch das ist bislang genauso vage, wie der Grund des plötzlichen Ausbleibens. Angeblich soll Trump Terminschwierigkeiten bekommen haben. Was da aber wichtiger war als die bauliche Verewigung in Berlin, konnte selbst Tiedje nicht sagen.

Man muss aber kein Hauptstadtprophet sein, um vorhersagen zu können, dass eine solche Brüskierung der Berliner Erwartungen der Popularität eines Immobilienengels keinen Abbruch tun wird. Im Gegenteil verkörpert das Stehaufmännchen Donald Trump doch nicht nur die Höhenflüge in der Branche, sondern auch die Bruchlandungen. Derzeit baut der 54-jährige Frauenheld nahe den Vereinten Nationen in New York nicht nur das höchste Wohnhochhaus der Welt. Anfang der 90er hat er auch einen der gepflegtesten Crashs der New Yorker Immobilienszene hingelegt.

Zumindest darin gibt es auch am Alexanderplatz Vorbilder. Das Forum-Hotel gehört noch immer der Berliner Trigon-Truppe von Groenke und Guttmann, die Mitte der 90er von den Banken übernommen wurden. Und ein anderer potenzieller Investor am Alex, der Heidelberger Baulöwe Roland Ernst, auch so ein sad angel, sitzt mittlerweile sogar im Knast. Und auf dem Haus der Elektroindustrie, gegenüber dem Forum-Hotel, endet das Döblin-Zitat mit dem Satz: „Nächstes Jahr wird’s noch kälter.“ UWE RADA