Drei Jahre umtriebige Pause

■ Zwichen Rap und Soul: Aziza A. ist heute in der Honigfabrik

Gut, dass Aziza den Überblick behält, so vielbeschäftigt wie sie ist. Denn die Rapperin lebt nicht vom Sprechgesang allein. Aziza jobbt, tritt in Berliner Funk- und Jazzclubs auf, führt HipHop-Workshops für Mädchen durch, moderiert eine Hörfunksendung. Und: Hin und wieder dreht sie. Zuletzt engagierte Neco Celik, Kreuzberger Kanakster, Aziza für den Trailer zu einer geplanten Sitcom, die in einem Jugendhaus in SO 36 spielt. Trotzdem hat das zweite Album, an dem die Berlinerin derzeit arbeitet, hohe Priorität. Es soll im nächsten Jahr erscheinen.

Endlich, mögen manche sagen, da seit Azizas Debüt Es ist Zeit drei Jahre vergangen sind. Eigentlich eine lange Phase, und zu groß die Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Aber Aziza hat sie dafür genutzt, sich neu zu orientieren. Die Rapperin veränderte ihre Mannschaft, trennte sich von ihrem Produzenten, fand Kontakt zu dem Heidelberger Boulevard Bou, der Kölner Microphone Mafia, Murat G. aus Frankfurt oder der New Yorkerin Songül. Vor allem aber die enge Zusammenarbeit mit der Band Orientation hat einen erkennbaren Einfluss auf ihre neuen Arbeiten.

Heute klingt Aziza anders. Ihre Musik sucht die Nähe zu Soul, Funk und R'n'B. Und neben Rap gibt sie einem souligen Gesang viel Raum. Die Texte wurden introvertierter, auf ihren Demotapes finden sich keine Lyrics von Kulturkonflikten türkischer Mädchen oder deren Macker-Vätern mehr. Die Sozialarbeiter-Industrie wird das nicht gerne lesen, andere werden sich freuen, dass Sound und Texte vielschichtiger geworden sind. Dieser Wandel drückt sich inzwischen auch im Style aus: Die blaue Adidas-Trainingshose dient nicht mehr als Bühnenkleidung, statt dessen sind bei der „Queen des Oriental HipHop“, wie sie manche Kollegas nennen, schwarze Röcke angesagt.

Obwohl ihr erstes Album kein Kassenschlager wurde, erreichte Aziza eine hohe Öffentlichkeits-präsenz. Das liegt nicht nur an ihrer Repräsentationspower – ihre Biografie bietet viele Andockstationen für die Kulturindustrie. Selbst Andreas Türck weiss, dass eine TV-Show zum Thema „Türkische Mädchen in Deutschland – zwischen Kopftuch und Karriere“ ohne Aziza A. nicht geht.

Karriere? Der nächste Schritt ist ein Release in der Türkei, dann das zweite Album. Zwischendurch viele Konzerte. Liveaufritte gehören zu Azizas Stärken, weil es ihr gelingt, Power und Melancholie zugleich zu vermitteln. Bevor sie nächste Woche in Hongkong auftritt, ist sie heute Abend in Begleitung von DJ Derezon im Rahmen der Hamburger Musikerinnenfestivals „espressiva“ zu sehen.

Imran Ayata

Sonnabend, 21 Uhr, Honigfabrik, Industriestr. 125-131, Wilhelmsburg, kostenloser Bus-Shuttle von der S-Bahn Wilhelmsburg