Was treibt die Bremer aus der Stadt?

■ Billigere Häuser im Umland sind es nicht, sagt eine Studie der Landesbausparkasse

Bis dato gilt die Sorge der Bremer großkoalitionären Baupolitik den Stadtflüchtlingen mittleren bis gehobenen Einkommens. Deren Vorstellungen aber, nach denen es sich im Bremer Umland nicht nur grüner sondern auch preiswerter wohnen läßt, werden jetzt von einer Studie der Landesbausparkasse (LBS) Lügen gestraft. Rechnet man beim Hauskauf die Pendel-Kosten zur Arbeit in der Bremer Innenstadt dazu, schrumpft der Preisvorteil gehörig zusammen.

In Zahlen heißt das zum Beispiel, dass ein Häuschen aus dem Bestand, also eine so genannte „Gebrauchtimmobilie“, in Syke zwar fast 20.000 Mark billiger ist als eines im südlichsten Bremer Stadtteil Obervieland. Die tägliche Autofahrt läßt die monatliche Belastung von Familie Muster – zwei Erwachsene, zwei Kinder – aber auf 5.602 Mark steigen. Das sind rund 350 Mark mehr als die Obervieländer Familie für Immobilienfinanzierung, Lebenshaltung, Wohn- und Pendelkosten abdrücken muss. Überdies verbringt der Speckgürtelbewohner wertvolle Lebenszeit im Auto. Laut Studie sind es im Falle des Sykers 250 Stunden im Jahr – Staus nicht eingerechnet. Wann kann der Mensch eigentlich noch aus dem Fenster seiner ländlichen Immobilie gucken und sich freuen an Rehen und Hasen?

Nach Meinung anderer Experten sind die Daten, auf denen die Studie fußt, gar nicht ausschlaggebend. Die Häuser sind im Umland vielleicht nicht viel billiger, die Grundstücke sicherlich. Und darum geht es den Auswanderern häufig: um große, freibebaubare Flächen. Zum andern geht die Rechnung, die die Studie fürs Pendeln aufmacht, immer weniger auf. Gewerbegebiete am Stadtrand, sei es der Flughafen, sei es die Hemelinger Marsch, werden von den Umlandgemeinden Stuhr oder Weyhe schneller erreicht.

Aber ist es denn überhaupt eine Kostenfrage, wenn Bremer das Weite suchen? Carsten Sieling, baupolitischer Sprecher der SPD: „Das ist in erster Linie eine Frage der Lebensweise.“ So geben die meisten Familien, die Bremen gen Umland verlassen, an, ihr „soziales Umfeld“ sei nicht zufriedenstellend, auch treibe die Belastung durch Lärm und Verkehr sie aus der Stadt. Experten meinen, dass diejenigen die Stadt verlassen, die auf die städtische Infrastruktur ohnehin nicht angewiesen sind. Sie zu halten sei müßig und teuer. hey