Zur Diskussion: Neue Integrationsmodelle

Gespräch mit Gerhard Fiedler, Geschäftsführer des Verbandes „Deutsch für ausländische Arbeitnehmer e. V.“ in Mainz

taz: Derzeit sind neue Integrationsmodelle für Deutschland im Gespräch. Baden-Württemberg möchte einen Gesetzentwurf im Bundesrat einbringen, wonach Zuwanderer zur Teilnahme an Deutsch- und Integrationskursen verpflichtet werden sollen. Wer an diesen nicht teilnimmt oder sie nach einem Jahr nicht besteht, „soll dann rausfliegen“. Was halten Sie von solchen Vorschlägen?

Gerhard Fiedler: Der Gesetzentwurf von Baden-Württemberg und Bayern ist ein Antrag an den Bundesrat zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung. Ich halte nichts von der Androhung von Sanktionen, wie Ausweisung oder Verweigerung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sowie Kürzung öffentlicher Leistungen oder Bußgelder.

In Deutschland ist die Sprachförderung für Neuzuwanderer derzeit in zahlreiche Einzelprogramme unterteilt. Was spricht dagegen, ein Angebot aus einem Guss zu machen?

Die Aufteilung der Sprachförderung in verschiedene Einzelprogramme ist aus fachlicher Sicht völlig unsinnig. Die Deutschkenntnisse von Zuwanderern, seien es nun Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion oder nachreisende Ehegatten aus der Türkei, unterscheiden sich nicht signifikant. Die Bundesregierung ist bestrebt, diese verschiedenen Förderprogramme des Bundes zusammenzufassen und geht davon aus, dass ab dem 1. 1. 2002 für alle Zuwanderer, die sich rechtmäßig und auf Dauer im Bundesgebiet aufhalten, einheitliche Sprachförderprogramme angeboten werden.

Welche Zuwanderergruppen werden derzeit nicht durch öffentliche Förderprogramme erreicht?

Zurzeit werden ausländische ArbeitnehmerInnen sowie deren Familienangehörige aus den ehemaligen Anwerbestaaten und aus den EU-Ländern gefördert. AsylbewerberInnen, Flüchtlinge, Familienangehörige von Spätaussiedlern wie auch Migranten aus Ländern, mit denen kein Anwerbeabkommen bestand, erhalten keine Sprachkursförderung durch Bundesmittel. Im Laufe der Jahre wurde diese Gruppe größer, sodass man davon ausgehen kann, dass in Großstädten nahezu die Hälfte der dort lebenden Zuwanderer keine staatlich geförderten Deutschkurse bekommen.

Wenn jetzt die Chance zur Neustrukturierung der Sprachförderung besteht, was muss dazu gehören, damit das Programm für Zuwanderer eine runde Sache wird?

Es muss zunächst sichergestellt werden, dass optimale Lernvoraussetzungen geschaffen werden. Dies setzt gut ausgebildete Lernkräfte und gut eingerichtete Unterrichtsräume voraus. Ich hoffe, dass ein neues Programm, an dem dann möglichst mehr Zuwanderer als bisher teilnehmen können, besser strukturiert und inhaltlich an die neuen Erkenntnisse in der Sprachvermittlung angepasst wird. Auch müssen neue Möglichkeiten des Lernens unter Einbeziehung der neuen Technologien geschaffen werden.Interview: VERONIKA KABIS-ALAMBA