Koalition fast perfekt

Barak und Scharon handelseinig über israelische Notstandskoalition. Weitere Tote bei Unruhen, Angst vor Anschlägen in Israel

JERUSALEM taz ■ Premierminister Ehud Barak und Oppositionsführer Ariel Scharon sind sich am Wochenende in den wichtigsten Punkten über einen Koalitionsvertrag einig geworden. So soll Scharon in der Notstandsregierung das Recht erhalten, alles nachrichtendienstliche Material einzusehen, bei Gesprächen zwischen dem Premierminister und dem Geheimdienst anwesend zu sein sowie in alle sicherheitspolitischen Prozesse einbezogen zu werden. Über die Forderung des Oppositionsführers, dass einseitige Entscheidungen Baraks automatisch zur Auflösung der Regierung führen sollen, bestand bis gestern Nachmittag noch keine Einigung.

Kurz vor dem Treffen mit Scharon erklärte Barak, dass er seine Anstrengungen zur Fortsetzung des Friedensprozesses nicht aufgeben werde. Er wolle in Kürze nach Washington fahren, um sich erneut mit US-Präsident Bill Clinton zu beraten. Weitere Verhandlungen seien jedoch davon abhängig, wie sich die Situation in den Palästinensergebieten entwickle.

Am Vorabend hatte Barak eine geplante Zusammenkunft zwischen Schimon Peres und Jassir Arafat unterbunden. Der israelische Minister für Regionale Zusammenarbeit wollte den Palästinenserpräsidenten treffen, um Möglichkeiten für eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses zu prüfen.

„Solange unsere Soldaten angegriffen werden, kann von einer Beruhigung keine Rede sein“, meinte Barak. Auch am Sonntag setzten sich die Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen Soldaten fort. Zu Schusswechseln kam es in dem arabischen Dorf El Khader, unweit von Bethlehem, und in der Nähe von Nablus. Am Wochenende sind insgesamt sieben Palästinenser getötet worden, das israelische Militär meldete Verletzte. Die Armee untersucht außerdem die Leiche eines israelischen Zivilisten, die in dem Dorf Beitunia bei Ramallah gefunden wurde. Es besteht der Verdacht, dass es sich um einen erneuten Lynchmord handelt.

Im israelischen Kernland herrscht unterdessen unverändert hohe Alarmstufe aus Sorge vor Terroranschlägen gegen Zivilisten. Nach Informationen des inländischen Nachrichtendienstes Schabak (Allgemeiner Sicherheitsdienst) befinden sich bereits zwei Terrorgruppen in Israel. Vizeverteidigungsminister Efraim Sneh rief die Bürger zur verstärkten Wachsamkeit auf.

SUSANNE KNAUL