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Lego-Pop auf Brasilianisch

■ Mit Einschränkungen faszinierend präsentierte sich Freepop-Gitarrist Arto Lindsay im Oldenburger PFL

„You are one of those creatures who simply are.“ Freestyle-Gitarrist Arto Lindsay wirkt immer ein wenig wie ein Kind, das völlig in Gedanken versunken in einer Kiste mit Legosteinen kramt. Wenn etwas fertig ist, wird es wieder zerlegt – und, vielleicht, neu wieder zusammengebaut. So ungefähr geht Lindsay mit den Songs um, die weitgehend aus der eigenen Feder oder/und der des brasilianischen Songwriters Vincius Cantuaria stammen. Da gibt es kleine rote Noisesprengsel, lange blaue Flächen aus leisen Melodien und fette gelbe Beats.

Es gibt wenig Menschen, die so wunderschön nicht singen können wie Lindsay. Er, der sich weiland selbst zum Non-Musician erklärte, setzt seinen Weg fort. Und auch wenn immer Neues dazukommt und anderes in den Hintergrund tritt, ist sein Schaffen eine ziemlich kompakte Angelegenheit. So ist ein Konzert immer auch Querschnitt von früheren Bandprojekten. Die Coolness der „Lounge Lizards“ scheint durch, auch die Poppigkeit der „Golden Palominos“: still lovers; but maybe more ambitious nowadays. Das mit der Nonmusicianship hat sich erledigt, Lindsay steht als Edel-Nerd auf der Bühne. Immer noch mit Brille im schmalen Gesicht, in Jeans und Sakko. Das Kind ist erwachsen geworden, hat sich aber die Baukastenfaszination erhalten.

Nicht weniger hervorragend ist der Rest der Band. Neben Cantuaria ist es der vormalige Rollins-Bassist Melvin Gibbs, der fasziniert, einige unnötige wie effekthascherische Soli mal ausgenommen.

Mit den letzten vier Platten verfolgt er seit 1996 die grundlegende Idee, „Samba auf Englisch zu singen“. Sie stellen eine Art musikalisches Integrationsmodell dar, das brasilianische Musik, die New Yorker Downtownszene, extrem freien Funk und diverse Illbientprojekte so miteinander verquickt, dass es klingt als hätten die Musiker nie was anderes gemacht als gemeinsam zu spielen. Jazz? „Worldmusic“? Postpop? Egal. Die Samba- und Bossa Nova-Basis zerlegt der aus einer US-amerikanischen Missionarsfamilie stammende Gitarrist mit wohlwollender Interessiertheit. Texte in Englisch und brasilianischem Portugiesisch, sehr sexy. Wie mag die Telenovela aussehen, wo einer dieser Songs die Titelmusik ist?

Auf der Bühne klingt alles weit weniger smooth als auf Tonträger. Was wohl daran liegt, dass Skoota Warner in diesem Zusammenhang vielleicht einen Tick zu straight funky trommelt. Die Rhythmusgruppe dominiert das klangliche Geschehen manchmal derart, dass Cantuaria einem fast Leid tun kann, geht doch seine starke Position im originalen Songmaterial tendenziell verloren. Genauso wie die Stimme Lindsays, der hier wenig Platz zur Entfaltung eingeräumt wird. Er singt schneller und geradliniger. Verloren geht das Hauchen, der Moment, da die wenigen Worte wie aus dem Nichts auftauchen oder wieder dorthin entschwinden. Die entsprechende Brüchigkeit wird hier eher durch die Momente erreicht, in denen, manchmal nur für Sekunden, Noisepartikel ins Getümmel geworfen werden. Immer noch schönes Geschrammel, wenn auch als Wermutstropfen das Gefühl zurückbleibt, mit, sagen wir, Dougie Bowne am Schlagzeug wär's ein richtiger Abflug geworden. Doch immerhin bekommt man diese Riege nicht alle Tage vorgesetzt. Und außerdem ist „Simply Are“ einer der schönsten Popsongs ever! Tim Schomacker

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