„Ein Zeichen für den Zerfall“

Der Oppositionelle César Rodriguez Rabanal vom „Demokratischen Forum“ in Peru über die jüngste Revolte aus den Reihen der Armee, die Demokratisierung Perus und die Nöte Präsident Fujimoris

Interview: INGO MALCHER

taz: Nur einen Tag nachdem Präsident Fujimori die Militärspitze ausgewechselt hat, proben einige Soldaten den Aufstand. Ist das Militär noch unter Kontrolle?

Rodriguez Rabanal: Der Wechsel an der Militärspitze hat ja nicht wirklich eine Veränderung der Situation gebracht. Die Generäle haben mehr oder weniger rochiert, und sicherlich haben Fujimori und sein ehemaliger Berater Montesinos darüber verhandelt. Der Aufstand der Militärs ist nicht als direkte Folge davon anzusehen. Sicher ist, dass es im Militär und gerade in den unteren Rängen rumort und dass viele Soldaten unzufrieden sind.

Hat Fujimori tatsächlich mit Montesinos gebrochen?

Ich bin mir sicher, dass es große Spannungen zwischen den beiden gibt. Fujimori steht unter starkem Druck von außen, vor allem der USA. Aber es ist auch klar, dass Montesinos die plötzliche Änderung der Haltung Fujimoris nicht akzeptieren kann. Montesinos weiß viel über Fujimori, das kann ihm gefährlich werden. Daher muss Fujimori mit ihm verhandeln.

Fujimori ist ein Freund von Inszenierungen. Sind der Aufstand und die Geiselnahme der 50 Militärs nur eine Show?

Den Eindruck habe ich bislang nicht. Der Nutzen, den Fujimori oder Montesinos daraus ziehen könnten, ist sehr gering. Ganz sicher ist das ein Zeichen für den Zerfall der Regierung. Es zeigt, dass die Macht von Montesinos und Fujimori in den Streitkräften nicht monolithisch ist.

Wer ist der anführende Oberleutnant Ollanta Moisés Humala Tasso?

Es sind demokratisch gesinnte Militärs, die den Aufstand proben, und man kann ein gewisses Verständnis dafür haben. Es drückt den Missmut der unteren Ränge im Militär aus, die in den Jahren der Herrschaft von Fujimoris Regime misshandelt worden sind. Ich denke, diese Soldaten wollen nicht an die Macht, sie wollen eine Verbesserung ihrer Lage.

Was bedeutet das für Perus Demokratisierungsprozess?

Prinzipiell kann man so einen Aufstand nicht akzeptieren, denn man schafft Präzedenzfälle, und das ist gefährlich. Aber man kann als Demokrat auch nicht fordern, dass dieses Problem von den Generälen gelöst wird. Viel hängt davon ab, ob andere Garnisonen dem Aufruf des Anführers folgen und sich dem Aufstand anschließen. Wäre dies der Fall, hätten wir eine komplett andere Situation.

Einen demokratischen Putschversuch?

In der Tat. Dies wäre nicht im Sinne des Establishments der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), die ja wollen, dass Fujimori die nächsten Wahlen organisiert. Für diejenigen, die sich in Peru für eine echte Demokratie einsetzen, wäre das allerdings keine Niederlage. Es müsste dann eben sofort eine Übergangsregierung gebildet werden, die nicht von Militärs geführt wird, sondern von einem anerkannten zivilen Demokraten. Aber dies sind Spekulationen.

Fujimori hat vergangene Woche eingelenkt und Wahlen im April versprochen. Ist damit für die Opposition alles im Lot?

Nein, überhaupt nicht. Man kann Fujimori nicht über den Weg trauen. Wenn er die Wahlen organisiert, besteht die Gefahr, dass sie wieder unsauber ablaufen. Fujimori kann als Wahlfälscher nicht die nächsten Wahlen leiten. Deshalb fordern wir seinen sofortigen Rücktritt. Nur so kann der demokratische Übergang sicher funktionieren.