piwik no script img

„Nicht für ein Ärztehaus gekämpft“

100 Jahre Hafenkrankenhaus: Ini „Ein Stadtteil steht auf“ fordert mehr Mittel  ■ Von Heike Dierbach

Ohne den Senatsbeschluss wäre heute ein großer, offizieller Tag am Zirkusweg auf St. Pauli. Die Sozialsenatorin – oder vielleicht sogar der Bürgermeister? – würde kommen, die Arbeit der vielen Angestellten loben, betonen, wie wichtig die Einrichtung für den Stadtteil ist und für die Zukunft „alles, alles Gute und weiterhin viel Erfolg“ wünschen: Heute wäre das Hafenkrankenhaus 100 Jahre alt geworden. Dass trotz seiner Schließung am 28. Februar 1997 noch etwas gefeiert werden kann, ist der Initiative „Ein Stadtteil steht auf“ zu verdanken: Sie lädt heute in ihr Obdachlosen-Café auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses ein – und nutzt das historische Datum, um den Senat an seine „Versprechungen zu erinnern“, ein Sozial- und Gesundheitszentrum für St. Pauli einzurichten.

Zwar gibt es im „Hafenkrankenhaus“ heute neben dem Obdachlosen-Café schon eine Notfallambulanz, eine Krankenstube für Obdachlose, eine Naturheiletage, den „Freihaven für traumatisierte Fluchtopfer“ und diverse Facharztpraxen. Aber erstens, erläutert Holger Hanisch von der Initiative, ist die Finanzierung vieler Projekte immer noch nicht gesichert. Das Obdachlosen-Café beispielsweise wird ausschließlich von Freiwilligen betrieben, an sechs Tagen in der Woche. „Das geht auf die Dauer nicht ehrenamtlich“, warnt Hanisch, „unser Ziel war ja, sichtbar zu machen, dass der Bedarf da ist.“ Bis zu 100 Gäste kommen täglich ins rund 40 Quadratmeter große Café – oft müssen viele ihren Kaffee im Stehen trinken.

Zweitens fürchtet die Ini akut um den Fortbestand der Notfallambulanz. Denn der Landesbetrieb Krankenhäuser will sechs der 19 Hamburger Ambulanzen schließen, und die im Hafenkrankenhaus schreibt rote Zahlen. „Keine Notfallambulanz in Deutschland arbeitet kostendeckend“, sagt Hanisch, „es sei denn, sie hat auch Betten.“ Mindestens 26 Betten sind in St. Pauli nötig, hat ein Gutachten ermittelt. Die Ini fordert, eine Regelung zwischen Behörde, Krankenkasse und Ärzten zu finden, die gewährleistet, dass auch Menschen ohne Behandlungsschein versorgt werden.

Drittens kann das derzeit auf dem Gelände entstehende Ärztehaus kein Ersatz sein für die sozialen Einrichtungen eines Gesundheitszentrums, sagt Hanisch: „Wir haben nicht für ein Ärztehaus gekämpft.“ Noch nicht verwirklicht sind außerdem die Pläne für eine gerontopsychiatrische Beratungsstelle, einen Dolmetscher-Pool und eine Suchtberatung mit akupunkturgestütztem Entzug.

Jubiläumsfeier heute, ab 15 Uhr (Achtung: Nicht 11 Uhr – Termin musste wegen der Bombenentschärfung in St. Pauli verschoben werden) im „Info-CaFée mit Herz, Hafenkrankenhaus 5).

Spendenkonto: Förderverein für die Gesundheit St. Pauli e.V., Kto.Nr.: 1206-123596, Haspa, BLZ 200 505 50, Stichwort: HKH-Begegnungsstätte. Kleiderspenden können (gewaschen, bitte) im Café abgegeben werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen