piwik no script img

Die Crew der Veteranen

Zwei Russen und ein US-Amerikaner wollen die internationale Raumstation ISS trockenwohnen

Gestern sind sie gestartet, ab morgen sollen ein US-Astronaut und zwei russische Kosmonauten die Internationale Raumstation ISS bewohnen. Geleitet wird das Team von dem 51-jährigen US-Amerikaner William M. Shepherd, einem echten Veteranen der bemannten Raumfahrt: Von 1988 bis zum Start vom Weltraumbahnhof Baikonur am Dienstag hat er insgesamt 440 Stunden im All verbracht.

Der studierte Raumfahrt- und Marineingenieur Shepherd kommt wie die meisten Astro- und Kosmonauten aus dem Militär. Anfang der Siebzigerjahre hatte er zunächst bei einer Elitetauchereinheit der US-Navy angeheuert. 1984 kam Shepherd zur Nasa, von 1994 bis 1996 stand er dem Projekt „Internationale Raumstation ISS“ als Direktor am Boden vor. Seitdem trainierte er für seinen neuen Einsatz im All.

Jetzt wird Shepherd die teuerste Wohnung des Sonnensystems sozusagen trockenwohnen. „Ich schalte das Licht an“, sagt er selbst über seinen neuen Job. In den kommenden Jahren soll ISS Stück für Stück ausgebaut werden – für rund 100 Milliarden Dollar. 400 Kilometer über der Erde werden dann bis zu sieben Menschen forschen können.

In der Sojus-TM-31-Rakete, mit der die drei Astronauten vom kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur zur ISS aufbrachen, hat aber vorerst der gebürtige Ukrainer Juri Gidsenko das Kommando. Gidsenko hat fünf Jahre Weltraumerfahrung, darunter zwei Weltraumspaziergänge von insgesamt dreieinhalb Stunden Länge. Auch die Nummer drei der Besatzung, der gelernte Raumfahrtingenieur Sergej Krikaljow, ist ein Veteran im Orbitgeschäft: Seit 15 Jahren fliegt er zur russischen Raumstation „Mir“, war schon zweimal auf einem US-Space-Shuttle zu Besuch und verbrachte insgesamt schon über 36 Stunden außerhalb eines Raumschiffes in der Schwerelosigkeit des Alls.

Die ISS wird von sechzehn Ländern finanziert, doch sie ist unzweifelhaft der Höhepunkt der inzwischen 25-jährigen Zusammenarbeit der Exfeinde USA und Russland. Bisher scheint es, als würden die Mitglieder der Crew gut miteinander auskommen. Shepherd etwa hat sich ganz offensichtlich schnell assimiliert, er spricht einigermaßen Russisch und führte ganz selbstverständlich eine Tradition fort, die vom ersten Mensch im All, Juri Gagarin, begründet wurde: Am Tag vor dem Start wird der alte Sowjet-Abenteuerfilm „Die weiße Sonne der Wüste“ angesehen. Ebenfalls auf Betreiben Shepherds wurde auch eine andere Astronautentradition bis ins Letzte erfüllt: das gemeinsame Pinkeln auf den Minibus, der die Crew zur Startrampe fährt.

REINER METZGER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen