Neue Giftqualität

Die „Ievoly Sun“ hat tausende Tonnen Chemikalien geladen. Küstenbewohner fürchten eine Umweltkatastrophe

BERLIN taz ■ Seit der ersten schweren Tankerhavarie 1967 – aus der aufgelaufenen „Torrey Canyon“ wurden damals 117.000 Tonnen Rohöl an die französische Küste gespült – hat es immer wieder schwere Schiffsunglücke im Ärmelkanal gegeben. Neben der „Erika“ und der „Amaco Cadiz“ verunglückte 1979 die liberianische „Gino“, ein Jahr später die „Tanio“ aus Madagaskar. 1996 liefen aus der „Sea Empress“ 70.000 Tonnen Rohöl ins Meer.

Neu an der Havarie der „Ievoly Sun“ ist die Art der Gefährdung: Diesmal bedrohen Chemikalien die französische Küste. Nach Angaben des Transportministeriums war das Schiff mit 4.000 Tonnen Styrol, 1.000 Tonnen 2-Propanol-Alkohol und 1.000 Tonnen Methanol an Bord in See gestochen. Die Chemikalien sind in Spezialtanks gebunkert. Ob und welche Mengen der Grundstoffe zur Kunststoffherstellung ausgelaufen sind, war gestern unklar.

Styrol, bekannt auch unter dem Namen Vinylbenzol, ist ein leicht brennbarer, leicht explosiver Kohlenwasserstoff, der sich nicht mit Wasser vermischt. Auf Grund seiner Toxizität wird ein Fischsterben befürchtet. Tierversuche haben zudem eine krebsverursachende Wirkung von Styrol nachgewiesen. Die anderen beiden Stoffe sind giftig aber ohne ökologische Langzeitfolgen.

Bergungsmannschaften haben praktisch keine Chance, die Chemikalien aus dem Tanker zu sichern, sagte ein Sprecher der Sonderstelle zur Bekämpfung von Ölunfällen auf See in Cuxhaven. Selbst wenn die Ladung der „Ievoly Sun“ aus dem Wrack austritt, sei sie in der stürmischen See im Englischen Kanal kaum auszumachen. Im Gegensatz zu Öl seien die Chemikalien mit mechanischen Geräten nicht aufzufangen.

CHRISTIANE NESTLER /RENI