Neonazis planen Aufmarsch

Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet wollen am Samstag erneut in der Hauptstadt gegen ihre „Kriminalisierung“ demonstrieren. Linke Gruppen rufen zu einer Gegenveranstaltung auf

von DIRK HEMPEL

Die bundesweite Neonaziszene will am Samstag erneut durch Berlins Mitte marschieren. Eine „Initiative für Versammlungsfreiheit“ mobilisiert das militante rechtsextreme Spektrum in die Hauptstadt – bereits zum vierten Mal in diesem Jahr. In unmittelbarer Nähe der Strecke haben Antifaschisten eine Gegendemonstration angemeldet.

Mit dem Marsch wollen sich die Neonazis aus dem Umfeld der so genannten Freien Kameradschaften über die „groß angelegte Kriminalisierungskampagne gegen die Nationale Opposition“ beklagen. „Angriff ist die beste Verteidigung“, heißt es in einem über das Internet verbreiteten Aufruf. Mit einer „machtvollen Demonstration“ wolle man „in die Schaltzentrale des Systems“ stoßen. Vom S-Bahnhof Friedrichstraße soll der Zug über Unter den Linden, die Karl-Liebknecht-Straße und Spandauer Straße zum Roten Rathaus gehen – und dann zurück.

Zum Vorbereitungskreis des Aufmarschs gehört nach Informationen der taz auch der Berliner Neonazi Oliver Schweigert. Im Februar hatte er einen Gedenkmarsch für den SA-Mann Horst Wessel angemeldet, den die Innenverwaltung verbot. Offiziell werden außerdem der Hamburger Nazi Thomas Wulff, bis zum Verbot am 24. Februar 1995 Vorsitzender der „Nationalen Liste“, und der NPD-Funktionär Steffen Hupka als Vertreter der aufrufenden Initiative genannt. Erst im März war Hupka als Landesvorsitzender der rechtsextremen NPD in Sachsen-Anhalt abgewählt worden, weil er sich für eine massive Präsenz auf der Straße stark gemacht hatte.

Denn einige Fraktionen innerhalb der Partei – beispielsweise Hupka und die „revolutionäre Plattform in der NPD/JN“ – stehen mit ihrer strategischen und politischen Linie den Freien Kameradschaften näher als der eigenen Parteiführung. Sie setzen auf die ständige Mobilsierung des jungen Fußvolks.

Ulli Jentsch vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum bemerkt, dass derzeit Konflikte im rechtsextremen Lager aufbrechen. Differenzen zwischen den Kameradschaften und der NPD seien zwar nicht neu, „werden nun aber besonders deutlich, weil der NPD-Vorstand angesichts der Verbotsdiskussion derzeit auf Aufmärsche verzichtet“. Vor allem die dadurch enttäuschte Klientel wollen die Kameradschaften für sich gewinnen. So richtet sich der Aufruf für Samstag explizit an die „Parteimitglieder“ der NPD und warnt davor, sich „in die Hinterzimmer“ zurückzuziehen.

Auch die Linken beanspruchen am kommenden Wochenende die Straßen von Mitte für sich: Für 11 Uhr, eine Stunde vor Beginn des rechten Treibens, rufen die „Antifaschistische Aktion Berlin“ und das „Bündnis gegen Rechts“ zur Gegendemonstration auf. An der Kreuzung Dorotheen- und Charlottenstraße soll sich der antifaschistische Protest formieren – nur etwa 50 Meter vom Aufmarschort der Rechtsextremen entfernt.

Gegen die räumliche Nähe beider Veranstaltungen hat die Polizei jedoch „Sicherheitsbedenken“. Derzeit werde über eine eventuelle Routenänderung verhandelt, so Polizeisprecher Klaus Schubert. Die Neonazi-Veranstalter erwarten 400 Teilnehmer. Die Antifaschisten haben bei der Polizei 1.000 Gegendemonstranten angemeldet.