Alle für den Präsidenten

Tansania, ein Ausnahmefall in Ostafrika: Wahlen ohne Gewalt und Bürgerkrieg, dafür mit guten Wirtschaftsdaten. Die Regierungspartei gewinnt – fast problemlos

DARESSALAM taz ■ Die Reden von Präsident Benjamin Mkapa im Wahlkampf waren mit Zahlen gespickt: Wie viel die Regierung in der jeweiligen Region für Schulen, wie viel für Krankenhäuser ausgegeben hat. Und einer der originelleren Slogans auf den Wahlplakaten war: „Alle Stimmen für Mkapa“. Ganz so kam es nicht, aber fast. Von 146 ausgezählten Wahlkreisen aus 231 hatte Tansanias regierende „Partei der Revolution“ (CCM) bis Dienstagabend nach Angaben der Wahlkommission 142 gewonnen, gegen zwei für die kleine „Tansanische Arbeiterpartei“ (TLP) und zwei für die Oppositionskraft der Insel Sansibar, „Vereinigte Zivile Front“ (CUF). Damit ist dem Präsidenten eine haushohe Mehrheit im Parlament sicher, und er liegt auch bei der Auszählung der Stimmen für die Präsidentschaftswahl weit vorn.

Mit dem unspektakulären Wahlsieg der seit der Unabhängigkeit des Festlandes 1961 regierenden Partei erfüllt das Land genau die Erwartungen, die Spitzenkandidat Mkapa geben wollte: Nichts Aufregendes, aber grundsolide und verlässlich. Das zeigte sich schon im Wahlkampf. Wenn immer die Opposition behauptete, sie würde im Fall ihres Sieges den Auslandsschuldendienst einstellen, konterte Mkapa, dies sei völlig unmöglich, weil Tansania ohne Gebermittel überhaupt keine Entwicklungsprojekte anstoßen könne. Wenn die Opposition die Regierung beschuldigte, nichts gegen die Korruption unternommen zu haben, verwies Mkapa auf den Korruptionsskandal in der vormaligen Partei seines größten Kontrahenten, Ex-Innenminister Augustine Mrema, heute in der TLP. Und die meisten Tansanier glaubten dem Präsidenten.

Mkapa, der nach dem Rückzug des vor einem Jahr verstorbenen Julius Nyerere aus der Politik 1985 die Macht übernahm, verfolgt eine Politik der liberalen Wirtschaftsreformen und der Abkehr von Nyereres Sozialismus. Tansania hält die makroökonomischen Rahmenbedingungen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds strikt ein, seine Wirtschaft wuchs 1999 um 7,1 Prozent, und der „World Investment Report 2000“ bezeichnet Tansania als attraktivsten Wirtschaftsstandort in Ostafrika. Es zieht ungleich mehr Direktinvestitionen an als der weitaus mehr industralisierte Nachbar Kenia. Das hängt vor allem mit den großen Gold- und Diamantenprojekten der multinationalen Konzerne im Nordwesten des Landes zusammen.

Allerdings leben mehr als die Hälfte der 32 Millionen Tansanier in absoluter Armut. In den meisten Städten gibt es weder fließendes Wasser noch Strom. Teerstraßen sind so rar, dass Reisen innerhalb Tansanias, wenn es regnet, Wochen oder sogar Monate dauern können.

Auf den Inseln Sansibar und Pemba, die erst 1964 mit dem Festland verschmolzen, ist die politische Situation wie gewohnt ganz anders. Seit dem CCM-Wahlsieg 1995, von dem viele Beobachter glauben, dass er auf Sansibar nur durch Fälschung zustande kam, ist nie Ruhe eingekehrt. Auch diesmal kam es nach den Wahlen zu gewaltsamen Ausschreitungen, nachdem der Wahlgang in 16 der 50 Inselwahlkreise wegen Unregelmäßigkeiten annulliert wurde und die Regierung dort Nachwahlen ansetzte. Die oppositionelle CUF, die sich auf die Nachkommen der muslimischen Einwanderer aus Asien stützt, will diese Nachwahlen boykottieren und fordert Neuwahlen in allen 50 Wahlkreisen. Darin wird sie von den Wahlbeobachtern des Commonwealth unterstützt. PETER BÖHM