Hat Ökostrom eine Chance?
JA

Ökostrom wird sich durchsetzen, meint Peter Jörg Heinzelmann. Er ist Geschäftsführer von ASEW, eines Verbundes von 40 Stadtwerken, die Ökostrom erzeugen. Die Energiewende kann aber nur gelingen, wenn die Verbraucher Vertrauen in die Anbieter haben. Bundesweit agierende Ökostrom-Anbieter scheitern, weil ihnen dieses Vertrauen noch fehlt. Vertrauen ist Voraussetzung, damit das Produkt Ökostrom einen respektablen Platz auf dem Energiemarkt einnehmen kann

Das Gesetz über den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) hat die Nutzung alternativer Energiequellen ein gutes Stück vorangebracht. Das ist gut. Aber ist die Energiewende ist damit eingeleitet? Mitnichten. Um Ökostrom zu einer relevanten Rolle auf dem Energiemarkt zu verhelfen, reicht das Gesetz alleine nicht aus. Die politische Motivation der Verbraucher ist nach wie vor gefragt. Nur wenn sie vomkonventionellen Strommix auf Ökostrom umsteigen, wird grüner Strom ein Zukunft haben.

Mit dem EEG alleine können die regenerativen Energiepotentiale nicht ausgeschöpft werden. Auch weil mit der Liberalisierung des Energiemarktes ökologische Aspekte in den Hintergrund gedrängt werden. Die Konsequenz ist: Trotz EEG brauchen erneuerbare Energienen nach wie vor Unterstützung: Viele Windparks, Wasserkraftwerke, umwelttechnische Innovationen werden ohne zusätzliche finanzielle Hilfe keine Zukunft haben. Die aber brauchen sie, wenn wir beim „Kyoto-Prozess“, der Senkung der CO2-Emissionen, entscheidend vorankommen wollen.

Einem Punkt aber hat die Liberalisierung zum Durchbruch verholfen: Die Stromkunden können jetzt nicht nur ihren Lieferanten wählen, sie können auch die Art und Weise der Erzeugung ihres Stroms bestimmen. Damit können sie ganz konkret den Ausbau ökologischer Energieerzeugung fördern. Wer die „Energiewende“ fordert, kann dies heute selbst gezielt mit der Wahl entsprechender Stromprodukte in Angriff nehmen. Da gibt es keine Ausreden.

Das aber geht nicht mit den vielen mehr oder weniger anonym agierenden bundesweiten Stromhändlern. Bei ihnen ist zu vieles ungewiss. Vertrauen in den Stromlieferanten aber ist Grundvoraussetzung dafür, dass sich Ökostrom durchsetzen kann. Selbst seriöse, bundesweite Ökostromansätze müssen heute (noch) scheitern, weil den Kunden noch Erfahrungen mit Ökostrom fehlen. Erst wenn die Verbaraucher Vertrauen in die lokalen Angebote haben können, kann an bundesweite Angebote gedacht werden.

Deshalb sind lokale Energieversorger gefragt, mit glaubwürdigen Ökostromangeboten auf den Markt zu gehen, die nach dem Zuschussmodell arbeiten. Sie investieren mit jeder gelieferten Kilowattstunde Geld in neue, zusätzliche Ökostromanlagen – über den gesetzlichen Rahmen hinaus. Das ist ein echter Mehrwert.

Die derzeit etwa 40 Stadtwerke, die im „ASEW-energreen-ÖkoStromPool“ zusammengeschlossen sind, arbeiten an dieser Strategie. Sie erschließen mit ihren Kunden das lokale Potential: Ökokraftwerke in der Region bauen – die Nutzung auf die Region beschränken. So kann die Energiewende mit dem Engagement von lokalen Unternehmen und Kunden erlebbar gemacht werden.

Der „Grüne Strom Label e. V.“ hat dieses Ökostromkonzept überprüft und ausgezeichnet. „Grüner Strom Label“ wird von den mitgliederstärksten Umweltorganisationen getragen, wie etwa dem BUND, Deutscher Naturschutzring, Eurosolar und Nabu. Mehr prominente Aufmerksamkeit und Beispiele sind notwendig, um aus Lippenbekenntnissen Taten werden zu lassen. Die Stromverbraucher können den Wandel durch ihre Nachfrage einleiten. Gelingt diese nicht auf lokaler Ebene, dann hat die Idee Ökostrom genauso wenig eine Zukunft wie das Produkt Ökostrom. Wir haben es selbst in der Hand.

NEIN
Die meisten Ökostromangebote sind reine Marketinginstrumente, meint Harald Krebs, Strom-Manager bei der ostdeutschen Veag. Das Gesetz über Erneuerbare Energien verhindert den Wettbewerb und Investitionen in Zukunftsenergienen. Dabei kommt aus der Steckdose letzlich immer der gleiche Strom, egal von welchem Anbieter

Ausgerechnet das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verhindert, dass Ökostrom in Zukunft auf dem Energiemark eine relevante Rolle spielen wird. Allein das Gesetz – seit 1. April 2000 in Kraft – reguliert nahezu das gesamte deutsche Ökostromaufkommen. Marktmechanismen spielen keine Rolle. Warum auch? Schließlich garantiert das EEG nicht nur jedem Anlagenbetreiber die Abnahme seines Ökostromes. Es garantiert auch eine relativ üppige Vergütung – weit oberhalb des Marktpreises.

Intention des Gesetzes war das politische Ziel, den Bau neuer, umweltschonender Anlagen durch hohe Vergütungen anzureizen. Die Frage, wie Ökostrom zum Produkt werden kann – also seine „Vermarktung“ –, spielte leider keine Rolle. Allenfalls derart, dass jeder Stromkonzern gezwungen wird, den Ökostrom auch abzukaufen. Was die Konzerne dann damit anfangen, bleibt ihnen überlassen. Das Gesetz ist rein angebotsorientiert angelegt. Die Verbraucher haben keinen Einfluss auf den Umfang der Ökostromerzeugung. Sie müssen lediglich kollektiv die Mehrkosten für die hohen Vergütungen aufbringen.

Physikalisch betrachtet bekommt jeder Stromkunde immer den augenblicklichen Erzeugungsmix aus den verschiedenen in Betrieb befindlichen Kraftwerken ins Haus. Im Wesentlichen also aus Kohle- und Kernkraftwerken. Ökostrom kommt nur zu einem kleinen Teil bei Verbraucher an. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn ein Stromkunde mit einem Ökostromanbieter den Bezug von purem Ökostrom, meist zu einem höheren Preis, vereinbart. Die meisten Ökostromangebote sind deshalb reine Marketinginstrumente.

Nur wenn der Ökostrom außerhalb des EEG in Umlauf kommt, gewinnt der einzelne Verbraucher Einfluss. Das geschieht beispielsweise dadurch, dass der Stromanbieter verspricht, den Preiszuschlag für den Ökostrom beispielsweise für den Neubau von Windkraftanlagen einzusetzen und er dieses Versprechen irgendwann auch tatsächlich einlöst. Erst so kann von einer echten Vermarktung des hochwertigeren Produkts Ökostrom an entsprechend zahlungsbereite Verbraucher die Rede sein.

Die Chancen des Ökostroms hängen letztlich davon ab, in welchem Maße Gelder für dessen notwendige Subventionierung zur Verfügung stehen. Noch bedarf der unregelmäßig fließende Ökostrom der Ergänzung durch konventionelle Kraftwerke, um die Stromnachfrage jederzeit decken zu können.

Die ökologische Begründung für den Ausbau der Stromerzeugung aus regenerativen Energien liegt im bundesdeutschen Klimaziel; nämlich in der Reduktion des CO2-Ausstoßes – was ein globales Problem darstellt. Das muss dann aber auch global bedacht und angegangen werden. Vergleicht man den finanziellen Aufwand zur Vermeidung von CO2-Emmissionen, schneidet die Subventionierung von deutschem Ökostrom schlecht ab. Effektiver wäre es, das Geld in alte Kohlekraftwerke zu investieren, die so zu energieeffizienten Anlagen werden. Das größte CO2-Einsparpotential durch den Niedergang der DDR-Braunkohleindustrie ist durch Stilllegungen, Modernisierungen oder Neubau ausgeschöpft. Statt Ökostrom hier teuer zu subventionieren sollte das Geld in polnische Kraftwerke gesteckt werden. Oder in chinesische.