Old-schoolig analoge Steckverbindungen

■ Nicht ohne Party: Roni Size stellt in der Markthalle das neue „Reprazent“-Album vor

Es gibt dieses bekannt gewordene Roni Size-Foto von circa 1998. Der Mund ist ausdruckslos, die Augen sind cool und cyborgmäßig hinter der verspiegelten Sonnenbrille versteckt, und aus seinen Dreadlocks wächst ein Gewimmel aus Kabeln. Aufschlussreich waren die Details seiner Frisur, denn die verwendeten Kabel mündeten nicht in digitalen Steckverbindungen, sondern in old-schoolig analogen. Und darum ging es damals: das neue Verbinden alter Szenen, die diesmal nicht digital zur Tat schritten, sondern den Sound echter Instrumente, gefüttert mit echtem Strom, erforschen sollten.

Reprazent hieß die Vernetzung, und involviert waren Sizes Bristoler Homeboys und -girls wie DJ Die, DJ Suv, die Sängerin Onalee und Krust, Leute, die ohnehin nie ihre Verbindung zum Soul, HipHop und Ragga abreißen ließen. Nun bekamen sie den akustischen Bass in die Hand gedrückt, die Gitarre um den Hals gehängt, wurden Keyboards zwecks gleichzeitiger Bespielung eindrucksvoll übereinander gestapelt. Und so entstand die Doppel-CD New Forms.

Drum'n'Bass schien vor dem großen Durchbruch zu stehen: Ein dem Underground entschlüpfendes, in voller kreativer Blüte stehendes und als großes neues Ding verkäufliches Genre wurde hier auf ein unentdecktes Fortschrittsplateau gehoben. Was die flatternde Drum'n'Bass-Rhythmik zersplitterte, kitteten Reprazent durch den Soul der Arrangements und Akus-tiksounds, ohne aber die Musik vollends ungehemmter Melodie auszuliefern. Während sich in den letzten Monaten die Publikumsgunst vom dunkel-bedrohlichen Drum'n'Bass-Sound Londoner Herkunft abwandte, um zu 2 Step das Partyprinzip wiederzubeleben, konnten Roni Size und Reprazent auf bewährtem Kurs bleiben.

Binnendifferenzierung heißt das Zauberwort, das ihre nun zu promotende CD In The Mode (im bewährten Modus?) entstehen ließ. Eine Musik, die zunächst einmal keine neuen Höhen erstürmt oder in bislang unenträtselbaren musikalischen Metaphern formuliert, eine Musik stattdessen, von der man wünscht, es hätte sie bereits zu New Forms-Zeiten gegeben. Der In The Mode-Eröffnungstrack, „Railing Pt. 2“, läutete bereits New Forms ein. Doch, und das steht für die Grundidee dieser Platte, diesmal wirkt alles vollmundiger, springt aus den Breaks ein ungeahnt gelassen wirkender Funk hervor. So erscheint In The Mode wie die windschnittige Beta-Version von New Forms. Man muss ja nicht jedes Mal Drum'n'Bass neu erfinden. Nils Michaelis

heute, 22 Uhr, Markthalle; anschließend Aftershowparty mit DJ Suv und Mobrown