Täglich Astronauten

Erste Besatzung auf der Internationalen Raumstation. Kritik in Russland an US-Kommando, fehlendes Geld

BERLIN taz ■ Nach mehr als zwei Jahren Verspätung war es gestern Mittag soweit: Gegen 12 Uhr mitteleuropäischer Zeit stieg in rund 350 Kilometer Höhe die erste Stammbesatzung in die Internationale Raumstation (ISS) ein. Anderthalb Stunden zuvor hatte ihr Raumschiff an die ISS angedockt; am Dienstag waren der US-Astronaut William Shepherd und die beiden russischen Kosmonauten Sergej Krikaljow und Juri Gidsenko vom Weltraumbahnhof Baikonur in Richtung ISS abgeflogen.

Die drei Raumfahrer werden rund vier Monate auf der ISS verbringen und die Raumstation während dieser Zeit vor allem bewohnbar und einsatzfähig machen. In den kommenden Monaten werden mehrere unbemannte Raumtransporter mit Versorgungs- und Ausrüstungsgegenständen an die ISS andocken. Nach bisherigen Plänen soll die ISS im Jahre 2005 fertig gestellt sein, dann 450 Tonnen wiegen und die Ausmaße eine Fußballfeldes haben. Die Gesamtkosten des ISS-Projektes werden sich wohl auf 200 Milliarden Mark belaufen.

Mit dem Einzug der ersten Besatzung, jubelten gestern Chefs von Raumfahrtagenturen und andere Kommentatoren, habe das „größte, komplizierteste und teuerste Abenteuer der Menschheit“ begonnen. Nach Wünschen etwa des Nasa-Chefs Daniel Goldin soll es von nun an keinen Tag mehr geben, an dem nicht Raumfahrer im All sind.

Vorerst allerdings wird die Inbetriebnahme der ISS von zahlreichen Problemen überschattet. Wegen fehlender russischer Finanzen konnte die ISS erst zwei Jahre später als ursprünglich geplant in Betrieb genommen werden. Auch das Ausmaß der künftigen russischen Beteiligung steht in Frage, weil im russischen Haushalt nicht genügend Geld für das ISS-Projekt vorgesehen ist. Unklar ist auch, ob Russland weiterhin Geld für die 14 Jahre alte Raumstation Mir ausgeben wird, die dann der ISS fehlen.

In Russland wiederum wurde heftige Kritik daran laut, dass die USA den ersten Kommandanten stellen, obwohl Russland bislang den größeren technischen Anteil am Bau der ISS geleistet und zudem über wesentlich erfahrenere Raumstationskosmonauten verfügt als die USA. Die Nasa hatte darauf gepocht, weil die USA bisher die finanzielle Hauptlast beim Bau der ISS getragen haben. KENO VERSECK