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Digitale Signatur vorerst nur für engagierte Fans

■ Im September wurde den Medien ein virtueller Verwaltungsakt präsentiert, der die Fortschritte im media@komm-Projekt deutlich machen sollte / Doch bisher wird die Karte nicht ernsthaft genutzt

Der Deutschlandfunk verkündete es im September quer durch die Republik: Bremen macht ernst mit der Online-Verwaltung. Ein Redakteur besuchte das Standesamt und beschrieb minutiös den Weg von der Online-Antragstellung bis zum Verschicken der gewünschten Urkunde. Mit der Wirklichkeit hat das allerdings wenig zu tun: Das sogenannte One-Stop-Government ist noch nicht bei den Bürgern angekommen.

Zwar haben inzwischen etwa 300 Personen eine digitale Signatur. Auch die Karten und entsprechenden Lesegeräte sind ausgeliefert. Der Haken ist aber noch das Geld: Damit der Gang zum Amt wegfällt, muss die Urkunde gleich bei der Antragstellung per Geldkarte bezahlt werden. Aber wer am heimischen Computer seine Geldkarte ins Lesegerät steckt, wird enttäuscht: Hier endet der Online-Gang aufs Standesamt.

„Die Software und das Lesegerät müssen noch vom Zentralen Kre-ditausschuss der Banken zertifiziert werden“, erklärt Kerstin Sprock von der halbstaatlichen Firma Bremen Online Services (BOS). Die Enscheidung könnte jeden Tag fallen – sagt der Kreditausschuss seit Monaten. Wird die Freigabe verweigert, muss bei der Sicherheit nachgebessert werden. Alle dreihundert Kunden müssten dann mit neuer Software oder gar Lesegeräten ausgestattet werden.

„Eigentlich hätten wir vom Lieferanten erwartet, dass wir ein einsatzfähiges Produkt erhalten“, sagt Sprock vorsichtig. Aber bei der Herstellerfirma Brokat hatte man offensichtlich vergessen, dass die Kreditwirtschaft dem Geldkarteneinsatz zustimmen muss. Regressforderungen kommen auf Brokat wohl dennoch nicht zu: Das Unternehmen gehört zu den Anteilseignern an der BOS, die von der Stadt nach dem Sieg im bundesweiten Media§Komm-Wettbewerb mit der Realisierung des Projekts digtale Verwaltung beauftragt wurde. Die BOS ist über die neuerliche Verzögerung zwar nicht glücklich, will die Zertifizierung des Systems aber „allein schon aus Haftungsgründen“ abwarten. Eine andere deutsche Kommune hatte weniger Skrupel: Dort wird dasselbe, von Brokat gelieferte System einfach auf eigene Faust angewendet.

In Bremen indes wird es noch etwas dauern. Auf der Homepage des Standesamts heißt es deshalb warnend: „Bestellung per E-Mail nur möglich, wenn die Urkunde persönlich abgeholt werden kann“ - und bezahlt. „Was wir den Medien im September demonstriert haben, war eine Inszenierung“, sagt Amtsleiter Dieter Katt. Damals richteten sich wegen des Kongresses „Virtuelle Rathäuser“ alle Augen auf Bremen, und die Gastgeber wollten etwas vorzuzeigen haben. Eigentlich hätte auch der „echte“ Betrieb längst in Gang sein sollen, „aber das haben die teuer bezahlten Firmen nicht auf die Reihe gekriegt“, so Katt.

Dass sein Amt mitmacht, bereut Katt dennoch nicht: „Wir haben ja keine Kosten und werden langfristig einige Arbeitsschritte einsparen.“ Vor allem aber bahne sich für den Bürger eine ungeheure Erleichterung an. Kerstin Sprock von BOS ist ebenfalls nur mäßig zerknirscht über die Startprobleme: Die 300 Nutzer – darunter 200 Auswärtige – seien fast alle interessierte Spezialisten, zurzeit brauche kaum jemand die Leistungen der digitalen Signatur wirklich. „Wir werben ja auch ganz bewusst noch nicht offensiv und geben Hard- und Software für einen symbolischen Preis von 30 Mark ab“, sagt sie. Den großen Durchbruch erwartet BOS ohnehin erst, wenn im nächsten Sommer die Universität ein Bündel von Leistungen über die digitale Signatur von zuhause vefügbar macht – obwohl der AStA datenschutzrechtliche Bedenken angemeldet hat. 2002 kommt dann die Sparkasse hinzu, die das System in ihre normalen Kontokarten integrieren will. Den erwarteten Kundenmassen soll die digitale Signatur dann vor allem die Freizeitgestaltung erleichtern: Denkbar ist, dass man Kinokarten online bucht und per Geldkarte bezahlt. Im Kino müsste man im Idealfall nur noch die Karte in ein Lesegerät stecken, um durch die Einlassschranke zu gelangen.

Anwendungen der öffentlichen Verwaltung werden dann nur eine Nebenrolle spielen, denn, so fragt Sprock: „Wer schafft sich schon eine Karte mit Lesegerät an, nur um einmal im Jahr einen Behördengang zu vermeiden?“ Jan Kahlcke

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