Bremen-Thriller im Leichtgewicht

■ Der Krimi-Autor Jürgen Alberts hat Konkurrenz bekommen: Kerstin Schmolz hat jetzt ihren zweiten Bremen-Krimi veröffentlicht. Darin treibt ein Einbrecher sein makabres Unwesen

Karen Fischer ist Psychologin und hat ein Problem damit. Die 27-jährige Bremerin will ihr an der Bremer Uni erworbenes Diplom loswerden. „Ich habe es offiziell erhalten, nun will ich es offiziell wieder zurückgeben“, erklärt sie der verdutzten Sekretärin und begründet diesen Entschluss damit, untauglich für den Beruf zu sein.

Der Grund für Karen Fischers Krise ist ein Kriminalfall. Eine rätselhafte Einbruchsserie beschäftigt die Bremer Polizei. Jedes Mal sind die Wohnungen der Opfer regelrecht verwüstet. Nur in einem Zimmer herrscht Ordnung – die Ordnung eines Wahnsinnigen: Der Täter hinterlässt makabre Stillleben, um die Einbruchsopfer nicht nur auszuplündern, sondern auch noch zu demütigen. Auf der Jagd nach diesem Täter holt sich die Polizei Rat bei der jungen Psychologin. Sie wird den Fall aufklären. Doch sie bezahlt dafür.

Nein, nein, werte Leserschaft, Sie sind nicht in die Handlungszusammenfassung eines Jürgen-Alberts-Krimis hineingestolpert. Denn seit kurzem macht eine junge Frau dem Schriftsteller das Monopol auf die erweiterte Berufsbezeichnung „Bremer Krimiautor“ streitig. Sie heißt Kerstin Schmolz und hat jetzt ihren zweiten Bremen-Krimi veröffentlicht.

Die 33-jährige Kerstin Schmolz weiß, worüber sie schreibt. Wie ihre Protagonistin hat sie Psychologie studiert. Jetzt verdient sie ihr Geld als Dozentin in ihrem Studienfach sowie für Soziologie an der Hochschule für öffentliche Verwaltung. Ihre SchülerInnen: AnwärterInnen für den gehobenen Polizeivollzugsdienst. Weil der Berufseinstieg an einer solchen Hochschule heutzutage aus einer Kette von Zeitverträgen besteht, gab es bei ihr zwischendurch Pausen. In diesen Pausen fing die passionierte Krimileserin und durch Kindergeschichten geübte Autorin selbst mit dem Krimi-Schreiben an. Damit nicht genug: Schon für ihr erstes Manuskript fand sie einen Verlag.

Kerstin Schmolz hat ihre Hauptfigur schon vor über einem Jahr zum Leben erweckt. In ihrem Krimi-Erstling „Im Schatten der Stadtmusikanten“ war Karen Fischer noch eine Studentin, die buchstäblich über Leichenteile in die Kriminalistik stolperte. In der soeben erschienenen zweiten Folge mit gleicher Besetzung, „Die Stadtmusikanten und die Räuber“, kommt das Verbrechen – trotz des Kinderbuch-haften Titels – erneut in makabrer Gestalt daher. Die Inszenierungen des mysteriösen Täters erinnern ein bisschen an das rabenschwarze Hollywood-Kino à la „Seven“.

Stilistisch ist der Krimi zunächst etwas holprig. Er beginnt mit dem all zu strapazierten „Kommissar hat wegen Job Eheprobleme“-Motiv. Im vierten Kapitel wechselt Schmolz plötzlich und überraschend in die Ich-Perspektive ihrer Protagonistin, um sie dann bis kurz vor Schluss durchzuhalten. Sie erzählt ihre Story leicht und locker. Mit detailierten Beschreibungen Bremer Schauplätze gespickt, widmet sich Kerstin Schmolz über weite Strecken den privaten Sorgen ihrer Heldin. Das liest sich so weg, ist ganz amüsant geschrieben. Doch insbesondere die immer wieder eingeflochtene und mit dem Alltag der Protagonistin verwobene Krimihandlung wirkt gar nicht richtig auserzählt, nicht zu Ende beschrieben. So bedient sich Kerstin Schmolz zwar beim Genre des düsteren Thrillers, lässt ihre Heldin das Geschehen aber zu sorglos erleben, um Hochspannung zu erzeugen. Bremensien-Fans werden an diesem Krimi eine Freude haben, für Thriller-LiebhaberInnen ist er zu leichtgewichtig.

Christoph Köster

Kerstin Schmolz: „Die Stadtmusikanten und die Räuber“, Diva-Verlag, Kassel, 16,90 Mark. „Im Schatten der Stadtmusikanten“ erschien im selben Verlag.