„Klassischer Seelenverkäufer“

■ Panama-Frachter „Matrix“ wegen Sicherheitsmängeln Auslaufverbot erteilt

Im Hamburger Hafen ist erneut ein Seelenverkäufer mit 25 Mann Besatzung festgesetzt worden. Die „Port-Sea-Controll“ der Seeberufsgenossenschaft erteilte am Freitag dem unter Panama-Billigflagge fahrenden griechischen Erzfrachter „Matrix“ wegen katastrophaler Sicherheitsmängel ein Auslaufverbot. „Das Schiff wird nur noch durch Rost zusammengehalten“, berichtet Ulf Christiansen, Inspekteur der gewerkschaftlichen „Internationalen Transportarbeiterförderation“ (ITF) nach einem Besuch an Bord. Vor dem Auslaufen müssen nun zumindest die wichtigsten Ausbesserungsarbeiten durchgeführt werden.

Der marode Pott war mit einer Ladung Erz aus Trinidad vor einer Woche im Hamburger Hafen eingelaufen. Nach dem Löschen der Ladung bei den Hamburger Stahlwerken (HSW) lag der Rosteimer mehrere Tage vor den HSW an Pfählen auf Reede und wollte nun wieder auslaufen, bevor er vorübergehend an die Kette gelegt wurde.

Neun Seiten umfasst die Män-gelauflistung der nach der Haverie des Chemietankers „Ivoly Sun“ sensibel gewordenen Seeberufsgenossenschaft. „Das ist rekordverdächtigt“, sagt Christiansen. Es ist für den Gewerkschafter ein erneuter Beweis dafür, wie skrupellos manche Reeder mit ihrer Crew und der Umwelt umgehen. Christiansen: „Das ist genau eines dieser schrottreifen Schiffe, die alle 15 Minuten als Zeitbombe durch den Ärmelkanal fahren und die europäische Küste gefährden.“

Der Bull-Carrier war vor zwanzig Jahren in Japan gebaut worden und hat seither zwecks Instandhaltung kaum eine Werft gesehen. Der griechische Reeder versucht sich nun damit herauszuwinden – nachdem ihm von der Herstellerwerft „Bescheuertheit“ attestiert worden ist, weil überhaupt noch ein europäischer Hafen angelaufen wurde –, dass das Schiff ohnehin im Winter seine Werftzeit zur Instandsetzung bekommen sollte.

Doch damit möchte sich Christiansen nicht abspeisen lassen. „Entweder geht der hier in die Werft oder das Schiff muss aus dem Verkehr gezogen werden“, fordert er. Es wäre ein Skandal, wenn man das Schiff nach einigen Ausbesserungsarbeiten auslaufen ließe. „Dann wird es überhaupt keine Werftzeit mehr geben und man bekommt das Schiff nie mehr zu fassen“, sagt der Gewerkschafter.

Für Christiansen ist die „Matrix“ ein Paradebeispiel für einen „klassischen Seelenverkäufer“, bei dem alles zusammenkommt. Das Schiff fährt unter Billigflagge, ist marode, die Crew bekommt nicht einmal den Mindesttarif und die Kombüse und Messe haben Mega-Substandard. „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die wild zusammengwürfelte Mannschaft in der Lage ist, im Notfall ein Rettungsboot zu Wasser zu lassen – sofern dies überhaupt intakt ist.“

Die „Matrix“ ist aber kein Einzelfall. Erst im vorigen Jahr sorgte das Schicksal der „Verona“ in Hamburg für Aufsehen. Ohne Heuer oder Ticket in die Heimat saßen acht Seeleute über 100 Tage fest. Im Gegensatz zu dem damaligen schwedischen Reeder, der kurzerhand die „Verona“ aufgegeben hatte, scheint die Reederei der „Mat-rix“ offenkundig das Interesse zu haben, den Schrottkahn wieder flott zu kriegen, um ihn dann in kriminellem Zustand in der Südsee kreuzen zu lassen. Magda Schneider