Irakische Freiheit über den Wolken

Die Missachtung der Flugverbotszonen ist Teil der Anti-Embargo-Politik der irakischen Führung. Die USA dulden die Flüge nach Mossul und Basra. Zehn Jahre nach dem Golfkrieg sind die Sanktionen international kaum noch durchzusetzen

von THOMAS DREGER

Jetzt fliegen sie wieder. Erstmals seit dem zweiten Golfkrieg vor fast zehn Jahren starteten am Sonntag in Bagdad zwei Maschinen der Iraqi Airways. Ziele waren die im Süden des Landes gelegene Hafenstadt Basra und Mossul nahe den Kurdengebieten im Norden.

Es waren rein symbolische Flüge, vor allem dazu gedacht, den Regierungen in Washington und London eins auszuwischen. An Bord der beiden umgerüsteten russischen Militärmaschinen befanden sich nur handverlesene Fluggäste: Regierungsvertreter sowie Journalisten aus dem In- und Ausland. Die staatliche irakische Nachrichtenagentur INA vermeldete, ab sofort werde sie den Linienverkehr in die beiden Städte aufnehmen. Allerdings liegt die Flotte von Iraqi Airways buchstäblich am Boden. Ihre Maschinen waren vor Beginn des Golfkriegs in umliegende Staaten gebracht worden, und dort stehen sie noch.

Die Aufnahme des innerirakischen zivilen Lufverkehrs stellt keine Verletzung des Embargos dar, das die UNO nach dem irakischen Einmarsch in Kuwait 1990 verhängte. Internationale Flüge in den Irak dagegen dürfen allein aus humanitären Gründen stattfinden und müssen von einem UN- Sanktionskomitee genehmigt werden. Dennoch sind die beiden Flüge vom Sonntag ein Versuch der irakischen Führung, ihre internationalen Möglichkeiten weiter auszutesten. Die Flüge seien dazu gedacht, „die verbrecherische Einrichtung der Flugverbotszonen durch die USA und Großbritannien zunichte zu machen“, erklärte Iraks Außenminister Muhammad Said as-Sahhaf. Er wusste: Die arabische Front gegen sein Land ist längst Geschichte, und auch international gilt Irak vielerorts wieder als hoffähig. Die Flugverbotszonen, in denen auch Mossul und Basra liegen, waren von den Golfkriegsalliierten USA, Großbritannien und Frankreich 1991 für den Norden und 1992 für den Süden Iraks eingerichtet worden – ohne UN-Mandat, aber unter Berufung auf die Resolution 688 des UN-Sicherheitsrates, die von der irakischen Führung fordert, den Schutz der Minderheiten im Lande zu gewährleisten.

In den Gebieten sollten die aufständischen Kurden und Schiiten begrenzten Schutz vor den Truppen Saddam Husseins finden, die nach dem Rückzug aus Kuwait Hubschrauber und Kampfflugzeuge gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt und Tausende Menschen niedergemetzelt hatten. Seither überfliegen vorwiegend US-amerikanische und britische Jets die Region und bombardieren irakische Militäreinrichtungen. Manche Bombe traf auch zivile Ziele.

Aus Sicherheitsgründen hatten die Iraker die USA vor den Flügen am Sonntag informiert. Diese erhoben keine Einwände; sie wussten, dass die von ihnen propagierte unnachgiebige Haltung gegenüber Irak nicht mehr durchzusetzen ist. In den letzten Wochen waren Flugzeuge aus der Türkei, aus Russland und den arabischen Staaten in Bagdad angekommen. Die irakische Führung feierte jede Landung als Sieg.