Grundsteine für präsidialen Ruhm

Im Tschad und in Kamerun haben die Bauarbeiten für ein umstrittenes Ölförderprojekt samt Exportpipeline begonnen. Die von der Weltbank unterstützte Milliardeninvestition nützt zunächst den Präsidenten der beiden Länder

BERLIN taz ■ „Unter dem persönlichen Antrieb des Staatschefs fliegt Kamerun von Sieg zu Sieg“: Die regierungstreue kamerunische Wochenzeitung Le Patriote spart nicht mit Elogen, wenn es um das weltweit umstrittene Ölprojekt geht, bei dem im Süden des Tschad Erdöl gefördert und über eine nach Kamerun führende Pipeline exportiert werden soll. Das laut Eigenwerbung der betroffenen Regierungen derzeit größte Investitionsvorhaben in Schwarzafrika ist für die Präsidenten der beiden Länder ein Prestigeprojekt, das ihrem persönlichen Ruhm dient.

Am 18. Oktober legten Tschads Präsident Idriss Déby und Kameruns Präsident Paul Biya im Ölfeld Komé, das mitten im Doba-Ölbecken im Süden des Tschad liegt, den Grundstein für die 1.050 Kilometer lange Pipeline, die ab 2003 tschadisches Öl in den kamerunischen Atlantikhafen Kribi befördern soll. Vertreter des Förderkonsortiums der Ölgesellschaften Exxon, Mobil, Chevron und Petronas wohnten der zweistündigen Zeremonie bei, ebenso Repräsentanten der Weltbank. Danach flogen die beiden Staatschefs ans andere Ende der geplanten Pipeline und legten noch einen Grundstein für den zukünftigen Ölhafen von Kribi, der auf einer schwimmenden Plattform im Meer, 11 Kilometer vor einem der schönsten Strände Afrikas, entstehen soll. „Ich verlange, dass Sie sich der Chancen bewusst werden, die sich Ihnen bieten“, erklärte Kameruns strenger Präsident seinen versammelten Bürgern.

Die Zeitung Le Patriote erinnert in ihrer Darstellung des Ereignisses daran, dass vor einigen hundert Jahren aus Kribi Sklaven nach Amerika exportiert wurden, so dass die heutigen Ölinvestitionen des Westens in dieser Pipeline ein Akt historischer Gerechtigkeit seien. „Indem sie dem Bau der Pipeline Tschad–Kamerun zustimmen“, schrieb die Zeitung, „haben die reichen Länder einen Akt der Anerkennung und der Begleichung einer alten Rechnung begangen.“

Der Ölexport als Wiedergutmachung für den Sklavenhandel ist die wohl gewagteste Interpretation eines ziemlich umstrittenen Projekts. Mit Investitionen von 1,5 Milliarden Dollar im Doba-Ölbecken und 2,2 Milliarden Dollar für den Pipelinebau soll 25 Jahre lang im Tschad Erdöl gefördert werden, dessen Export jährlich 2 Milliarden Dollar und Kamerun 500 Millionen Dollar einbringen soll.

Umweltschäden im Umfeld der 315 geplanten Bohrlöcher im Tschad und in der zum Teil durch intakten Regenwald führenden Pipeline sind eine der Befürchtungen internationaler Umweltschützer; die mangelhafte Entschädigung von Betroffenen und die teils brutale militärische Repression von Gegnern des Projekts im Tschad sind bereits Realität. Im September berichteten Menschenrechtsorganisationen von mehreren Morden an Gegnern der Ölförderung. In Kamerun wird kritisiert, dass die eigens für den Ölexport gegründete Firma Cotco (Cameroon Oil Transportation Company) versprochene Entschädigungen nicht gezahlt hat.

Ungeachtet dessen sind die Regierungen Kameruns und Tschads mit dem Ölprojekt zu Lieblingskindern der internationalen Geldgeber geworden. Kurz nach den Grundsteinlegungen verkündete die Weltbank für Kamerun einen umfassenden Schuldenerlass, der eine Verringerung der Auslandsschulden des Landes um 1,26 Milliarden Dollar und des jährlichen Schuldendienstes um 100 Millionen Dollar beinhaltet. Der Tschad bekam von der Weltbank einen Kredit von 67 Millionen Dollar für Straßenbau in ländlichen Gebieten und Aidspräventionskampagnen. Wenige Tage später kündigte der tschadische Präsident Déby eine Großoffensive seiner Armee gegen Rebellen im wüstenhaften Norden des Landes an. DOMINIC JOHNSON