Späte Früchte einer Ehe

Ende eines inhaltsfreien Wahlkampfes: Hillary Clinton gewinnt mit großem Vorsprung die New Yorker Senatswahlen

NEW YORK taz ■ Das konnte ja nichts werden. Kaum hatte der New Yorker Kongress-Hinterbänkler Rick Lazio vergangenen Mai angekündigt, dass er gegen Hillary Clinton antreten werde, fiel er schon auf die Schnauze. Wörtlich. Bei einer Parade stürzte er und schlug sich die Lippe blutig. Und dann das Baseball-Endspiel, in dem die beiden New Yorker Teams jüngst gegeneinander antraten. Da musste er sich doch auf die Seite der Mets stellen, die gegen die Yankees haushoch verloren. „Ich fühle mich wie die Mets“, sagte Lazio gestern.

Hillary Clinton gewann mit 12 Prozentpunkten Vorsprung den Senatssitz. Dorthin gebracht haben sie die stets demokratisch wählenden Bewohner von New York City. Selbst das wirtschaftlich gebeutelte und traditionell konservative Umland gab ihr mehr Stimmen als erwartet, wenn auch hier die Republikaner die Mehrheit halten.

Der teuerste und spannendste Wahlkampf neben der Präsidentschaftswahl, der sich über Monate als Kopf-an-Kopf-Rennen hinzog, ist damit erstaunlich klar entschieden. Wenn Lazio nicht erst mit einem Dreivierteljahr Verspätung hätte loslegen können, grummelte Michael Long, Vorsitzender der Republikanischen Partei in New York, „dann hätten wir Hillary Clinton zu Staub gemacht.“ Schließlich hatte das Rennen ganz anders begonnen: als Kampf zwischen dem Bürgermeister von New York City mit dem Brutalo-Image, Rudy Giuliani, und der gehörnten, aber ehrgeizigen First Lady, die nur nach New York umzog, weil dort ein Senatsposten frei wurde.

Ein Fachmann fürs Theatralische, der Broadway-Produzent Rocco Landesman, meinte, er würde den Wahlkampf, der mehr um Leidenschaft und Wiederauferstehung einer Politikerfamilie als um Politik ging, am liebsten auf die Bühne bringen. Und in der Tat liest sich dieser Wahlkampf wie ein Drehbuch.

Akt eins: Hillary Clinton verkündet ihre Kandidatur, Giuliani seine Liaison mit einer Mitarbeiterin. Dann erfährt seine Frau aus dem Fernsehen, dass er sich von ihr trennen will. Das Ganze endet damit, dass Giuliani Tage später den Set wegen Prostatakrebs verlässt.

Akt zwei: Auftritt Rick Lazio; keine Eheprobleme. Das ist sein einer Trumpf gegen Clinton, der andere ist: Er kommt aus New York, sie nicht. Inhalte? Fehlanzeige. So verlagert sich der Kampf nun schwerpunktmäßig in den Nahen Osten – schließlich sind 10 bis 15 Prozent der New Yorker Wähler Juden. Nicht nur wird wieder und wieder ausgekramt, dass Hillary einmal Suha Arafat, die Frau Jassirs, umarmt hatte. Lazio versucht zudem nachzuweisen, dass in Wirklichkeit seine Gegnerin schuld war an dem Bombenanschlag auf das US-Schiff vor der Küste Jemens, hatte sie doch Wahlkampfspenden von einer muslimischen Organisation in den USA angenommen. Hillary zahlt das Geld zurück.

Akt drei: Hillary als Familientier. Kein Wahlkampfauftritt mehr ohne Tochter Chelsea. Bill hält Händchen und Reden.

Das Finale: Lazio vergisst vor lauter Kampf gegen die Washingtoner Präsidentenmafia zu erklären, wofür er eigentlich steht – und verliert.

NICOLA LIEBERT