Mr. Noooo for President

Der 97-jährige Senatsalterspräsident Strom Thurmond könnte im Falle eines Falles Präsident werden

Einer weiteren Öffentlichkeit wurde der Mann durch sein lang gedehntes und laut ausgerufenes „Nooooo!“ bekannt, das „Nein“, mit dem er sich heftig gegen die Vernehmung Monica Lewinskys vor dem Senat aussprach. Republikaner, der er ist, war dem Senator aus South Carolina die Vorstellung, die junge Frau im Altherrenklub des Senats zu verhören, ein Graus.

Strom Thurmond wurde 1954 das erste Mal in den Senat gewählt und 1996 zum achten Mal für eine sechsjährige Amtszeit wiedergewählt, die mit seinem hundertsten Geburtstag 2002 enden wird. Mit 97 Jahren ist er nicht nur das älteste Mitglied des Senats, sondern der dienstälteste Senator in der Geschichte dieser Kammer.

Als Alterspräsident des Senats steht er nach dem Vizepräsidenten und dem Speaker des Repräsentantenhauses an dritter Stelle als Nachfolger des Präsidenten in einem Notfall.

Thurmond, 1902 in Edgefield, South Carolina geboren, hatte sich 1948 als Befürworter strenger Rassentrennung für das Amt des Präsidenten beworben. Er verlor natürlich, gewann aber immerhin fünf Staaten im Süden und 37 Wahlmänner – etwas, was ihm seither kein Außenseiterkandidat nachgemacht hat. Nach der Verabschiedung des Bürgerrechtsgesetzes 1964 trat der Demokrat Thurmond zur Republikanischen Partei über und bereitete den Weg für den tektonischen Wandel der politischen Landschaft Amerikas vor.

War der Süden seit dem Bürgerkrieg demokratisch, während der Norden und das schwarze Amerika republikanisch wählten, wurde er nach Verabschiedung des Bürgerrechtsgesetzes republikanisch. Thurmond unterstützte Barry Goldwater und bereitete Nixon den Weg. Kein Politiker stand wie er für den Rassismus des Südens.

Nach Verabschiedung des Bürgerrechtsgesetzes aber erkannte Thurmond, dass im Süden jetzt auch Schwarze wählen. Er war einer der ersten Senatoren, die Afroamerikaner in seinen Mitarbeiterstab einstellten, und er stimmte 1982 für die Ausweitung des Wahlrechtsgesetzes, das er zuvor heftig bekämpft hatte.

Strom Thurmond gehört zum konservativen Flügel seiner Partei, stimmt allen Verteidigungsausgaben zu und lehnt alle Sozialausgaben ab. In seinem Heimatstaat ist er eine Legende. Er könnte Präsident werden. Im unwahrscheinlichen Fall eines völligen Patts in beiden Häusern des Kongresses, sodass – sollte sich das Wahlmännergremium nicht entscheiden können – weder der Präsident im Repräsentantenhaus noch der Vizepräsident im Senat gewählt werden kann, wird der Alterspräsident des Senats US-Präsident. PETER TAUTFEST