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Jetzt muss er beten

Auf den Philippinen beschließt das Unterhaus ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Estrada

BANGKOK taz ■ Mit allen Mitteln kämpft der philippinische Präsident Joseph Estrada gegen ein Amtsenthebungsverfahren: So suchte er am Wochendende Inspiration bei einer Pilgerfahrt zum Mausoleum seines berüchtigten Vorgängers Ferdinand Marcos. Danach betete er mit Sektenpredigern vor hunderttausenden Anhängern in Manila für sein politisches Überleben. Doch seine Chancen sinken: Gestern hat das Abgeordnetenhaus beschlossen, die Amtsenthebung einzuleiten. Estrada soll umgerechnet über 20 Millionen Mark an Bestechungsgeldern illegaler Glücksspiel-Syndikate und an lokalen Tabaksteuern erhalten haben. Das Geld will ihm sein früherer Pokerpartner, Provinzgouverneur Singson, persönlich gebracht haben. Der legte allerdings noch keine Beweise vor.

Nachdem 70 Abgeordnete die Anklage gegen Estrada unterzeichneten, muss jetzt das Oberhaus urteilen. Nach US-Vorbild wird der Chef des Obersten Gerichtshofs die Verhandlungen leiten. Die Senatoren fungieren als Geschworene. Der Prozess kann sich Monate hinziehen.

Estrada hatte zunächst alle Vorwürfe bestritten. Vergangene Woche gab er jedoch zu, dass etwa acht Millionen Mark Schmiergeld im Frühjahr auf dem Konto einer Jugendorganisation angekommen sei, die sein Schwager leitet. Die Mittel seien als „Stipendien für arme muslimische Studenten“ vorgesehen und noch nicht angerührt worden, behauptete Estrada. Er habe die Öffentlichkeit nicht über den Bestechungsversuch informiert, weil er mit dem Regieren „zu beschäftigt gewesen“ sei. Estrada, der sich seit seiner Zeit als populärer Schauspieler gern „Erap“ (Kumpel) nennen lässt, steckt tief in Skandalen: Letzte Woche beschuldigte ihn der frühere Chef der Börsenaufsicht, 1998 über zwanzig Millionen Mark „Kommission“ bei der Privatisierung einer Telekommunikationsfirma erhalten zu haben. Mit dem Geld soll Estrada unter anderem eine Schar von Mätressen und unehelichen Kindern unterhalten.

Als Reaktion auf die politischen Wirren fielen die Aktienkurse und der Wert des philippinischen Peso. Obwohl Estradas Partei eine stattliche Mehrheit im Parlament hatte, distanzieren sich inzwischen Partei- und Geschäftsfreunde scharenweise vom Regierungschef. Mit Hilfe von Slumbewohnern, die einen Großteil seiner Anhänger stellen, und religiöser Gruppen wie dem „Jesus Wunderkreuzzug“ hofft Estrada dennoch, das Ende seiner regulären Amtszeit 2004 zu erreichen. JUTTA LIETSCH

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