Klaustrophobisches Endspiel

■ „Rio Bravo“ in die Großstadt der 70er versetzt: John Carpenters Cinemascope-Feuerwerk Assault – Anschlag bei Nacht kommt ohne Umschweife zur Sache

Enge Räume und große Bilder – auf diesen formalen Nenner ließe sich John Carpenters Frühwerk bringen. 1974 zwängte er in Dark Star Weltraum-Hippies in eine fliegende Konservenbüchse, vier Jahre danach wurden an Halloween jungfräuliche Babysitter vom schwarzen Mann bis in den Kleiderschrank verfolgt. Während beide Filme ihre Figuren in klaustropho-bische Endspiele schicken, schöpfen die dazugehörigen Bilder den Umfang der Leinwand voll aus. Das gilt auch für Assault On Precinct 13 (1976), der jedoch als zweite Regiearbeit Carpenters stets im übermächtigen – und hier wörtlich gemeinten – Schatten des später gedrehten Halloween stand.

Tatsächlich wirkt Assault heute zwar immer noch kruder, aber auch frischer als das dräuende Scope-Meisterwerk über maskierte Serienkiller. Das verdankt sich nicht zuletzt dem ebenso simplen wie effektiven Plot, der ein vertrautes Szenario ohne expositorischen Schnickschnack abspult. Während des Rachefeldzugs einer Straßengang erschießt eines der Mitglieder kaltblütig ein kleines Mädchen. Dessen Vater tötet kurz darauf den Mörder und flieht vor dessen Blutsbrüdern in ein nahezu verlassenes Polizeirevier. Die Situation kulminiert in der nächtlichen Belagerung der Station durch die vergeltungssüchtige Gang. Von der Außenwelt abgeschnitten, muss der afro-amerikanische Polizist Bishop (Austin Stoker) gemeinsam mit den Sekretärinnen Leigh (Laurie Zimmer) und Julie (Nancy Loomis) die Angreifer abwehren. In ihrer Not verstärkt sich die Schicksalsgemeinschaft durch zwei verurteilte Mörder aus einer Zelle des Reviers.

Klar, dass in diesem existenziellen Genre-Gerüst alles der bewährten Formel „keine Munition, kein Ausweg, kein Aufgeben“ folgt. Oft als dystopische Hommage an Howard Hawks' Buddy-Western Rio Bravo klassifiziert, setzt Carpenters Großstadt-Shootout weniger auf sentimentales male bonding als auf gezielte Transgression. So wird in einer der ersten Szenen ein kleines Kind getötet – ein noch heute verstörendes Bild, da es nicht den Konventionen des familienfreundlichen Kriegsschauplatzes Actionfilm entspricht.

Dafür hat Assault mit Laurie Zimmer eine Heldin, die weit mehr darf als nur das Gewehr für die Cowboys nachladen; ein furioses Finale, das jedes digitale Armageddon blass aussehen lässt, und einen Regisseur, der damals mit einer eigentlich Autorenfilmern zugewiesenen Kompromisslosigkeit seine Genrearbeiten produzierte. Heute dreht Carpenter bekanntlich unerträglichen Mist, weshalb dieser unsentimentale Film in der Retrospektive zur sentimental journey gerät: Denn so düster und smart war er danach nur noch zu Halloween. David Kleingers

Fr + Sa, 23 Uhr, Magazin