Der Marginal-Minister

Jan Pronk, niederländischer Umweltminister, leitet die Klimakonferenz in Den Haag

Was für eine unangenehme Situation für den frisch gewählten Präsidenten der Weltklimakonferenz in Den Haag, Jan Pronk: Ausgerechnet der Mann, der ihm seinen letzten, heiß ersehnten Karrierejob vor der Rente grob und gründlich vermasselt hat, eröffnete neben Pronk am letzten Montag die Konferenz. Es ist noch keinen Monat her, da hat UN-Generalsekretär Kofi Annan statt des niederländischen Umweltministers einen anderen Niederländer, den ehemaligen Regierungschef Ruud Lubbers, für den Posten des UN-Flüchtlingskommissars erwählt. Der war nicht mal als Kandidat aufgestellt, im Gegensatz zu Pronk.

Das hat Pronk geschmerzt, aber die Rolle als zweite Geige ist ihm nur zu vertraut. Jahrelang hat der heute sechzigjährige Wirtschaftswissenschaftler ein Marginal-Ministerium geführt, das Entwicklungshilfeministerium. Zwischendurch gab es immer wieder Jobs bei der UNO. So war er in den Achtzigerjahren mehrere Jahre stellvertretender Generalsekretär bei der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung. Nach vielen Jahren in der Entwicklungshilfe hatte Pronk – „ich bin ein Entwicklungshilfe-Mensch mit Herz und aus Erfahrung“ – davon geträumt, den ehrenvollen Posten als Flüchtlingskommissar zu bekommen: wieder nichts.

Stattdessen nun die Präsidentschaft für eine Konferenz mit sehr vollmundigen, hinterrücks aber bockenden und intrigierenden Politikern um ein sehr delikates Thema, das Klima.

Für Pronk ist die Konferenz eine letzte Chance, sich als Politiker zu profilieren, denn noch einmal wird er nicht Minister werden in den Niederlanden. Auf ihm lastet dabei eine große Verantwortung. In der Regel wird auf den Klimakonferenzen bis fast zum Schluss um den heißen Brei geredet und am letzten Tag dann so lange hart verhandelt, bis ein Ergebnis da ist. Meist kommt es überhaupt nur wegen Übermüdung der Teilnehmer zum Kompromiss. Die Rolle des Präsidenten als Vermittler ist dabei zentral. Pronk spekuliert deswegen in der Öffentlichkeit nicht auf einen durchschlagenden Erfolg, der eher unwahrscheinlich ist, sondern auf einen Kompromiss.

Wird die Konferenz ein Erfolg, wird sich Pronk das auch gutschreiben können. Wird es kein Erfolg, wird das auf seine Karriere keinen Einfluss mehr haben. Sein Herz ist nur teilweise dabei. In einem Interview mit der Earthtimes sagte er einmal, er sei mehr besorgt über die langsamen Fortschritte bei Entwicklungsfragen als bei der Umwelt. „Ich kann in der Umwelt nicht so viel tun, wie ich es in der Entwicklung getan habe“, sagte er.

MAIKE RADEMAKER