Warnung vor dem Privatleben

Nirgendwo hat man mehr seine Ruhe – seit Birgit Breuels Rückzug aus der Öffentlichkeit

Ich brauche das nicht. Ich möchte das nicht. Ich muss das nicht haben

Nicht wenige Menschen waren mehr als nur erleichtert, als Birgit Breuel am Ende der Expo verkündete, sich von nun an ins Privatleben zurückziehen zu wollen. In Niedersachsen, wo Breuel einst Finanzministerin war, lagen sich am „Tag der Befreiung“ Unbekannte auf der Straße in den Armen, und in den Clubs der Weltmetropole fanden spontane „End of Breuel-Greuel“-Partys statt. In den neuen Bundesländern, wo die Ex-Treuhandchefin einst blühende Landschaften zu aufgelassenen Gewerbegebieten versteppen und das „Existenzminimum für alle“ einführen ließ, gab’s Fanfarenzüge und Spreewaldgurken gratis. Und die neue PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer erklärte euphorisch aus Anlass der Demission der desaströsen Diva ins Privatleben: „Ich liebe Deutschland!“

Ich liebe weder Deutschland noch die PDS, die Deutschland liebt. Ich liebe auch das Privatleben nicht mit der Inbrunst, die eventuell angebracht wäre. Dennoch bin ich, wie leicht nachzuvollziehen ist, alles andere als erfreut darüber, Frau Breuel bald im Privatleben antreffen zu sollen. Das hätte ich mir nicht mal im Koma einfallen lassen, dass diese Dame da in ihren halbseidenen Kostümen eines Tages aufkreuzen könnte. Ich brauche das nicht. Ich möchte das nicht. Ich muss das nicht haben.

Es kommt nicht in Frage. Lieber gehe ich mit Dieter Bohlen Gassi, lieber kaufe ich Uli Hoeneß eine gebrauchte Bratwurst ab oder übernehme ich die Patenschaft für die multiple Schwangerschaft von Jenny Elvers, als dass ich meine Zahnbürste neben der von Birgit Breuel in den Becher stelle, ihre Haare aus dem Flusensieb meiner Waschmaschine klaube oder ihre vermodderten Tempos mit spitzen Fingern aus der Sofa-Ecke hieve.

Nein, mit Breuel will ich nichts zu schaffen haben. Es geht auch nicht. Die Frau pulverisiert das Geld schneller, als es reinkommt. Man kann sie nicht für zehn Mark Bier holen schicken, ohne dass sie, was weiß ich, 5.000 Mark „für den Weg“ verlangt. Und dann ohne Bier zurückkommt. Und schließlich erzählt, dass sie unterwegs „aus Versehen“ den Berner Sennhund der Nachbarn totgetreten habe und nun mal eben für Versicherung, Schmerzensgeld, Prozess- und Beerdigungskosten, sagen wir, zehn Mille bräuchte – fürs Erste.

Das Privatleben ist komplex-kompliziert genug, auch ohne den angedrohten Eintritt der exponierten Ex-Expo-Tante. Niemand – weder der Überlebens-Berserker Rüdiger Nehberg noch Rosa von Praunheim, der Verehrer außer Dienst gestellter Blaskapellen – setzt da noch freiwillig einen Fuß hinein, wenn er weiß, dass Frau Breuel mit ihrer 4711-Toiletten-Haube bereits eingetroffen ist und Weinbrandbohnen knabbernd auf dem Küchentisch sitzt. Was soll man auch sagen? „Tach, Biggi, alter Frittenbesen! Warum brennt der Kühlschrank? Was heißt hier, meine Nagelschere ist gepfändet? Das weißt du doch, dass man mit toten Silberfischen nicht bezahlen kann!“

Es ist ja auch nicht so, dass sie – Gott sei’s geklagt – die einzige wäre, die sich im Privatleben breit macht. Haben nicht auch Helmut Kohl und seine Gebiets-Lügenbarone von Kanther bis Terlinden sich bereits dorthin begeben? Und sitzen hier nicht ebenfalls die PDS-Ruheständler Gysi und Bisky und spielen Mau-Mau? Und käst da nicht die Pfeife Engholm schon seit längerem höchst unerfreulich rum? Und ist das nicht das mittlerweile reichlich öde Wirkungsfeld von Dagmar Berghoff? Und hat nicht Dieter Steinkühler sein dubioses Domizil da? Und in wessen Vollzug befinden sich zur Zeit Rehhagel und Ribbeck? Wo steht auch Daum bereits mit mehr als einem Bein? Und ist jetzt auch das Verkehrsrisiko Klimmt in Gewahrsam genommen worden? Genau: in der Privatleben-Vollzugsanstalt. Ein Grauen, ein Gruselkabinett, ein Elendsquartier tut sich hier auf – ein Privatleben eben, das allerspätestens mit Breuels Ankunft terra nongrata sein sollte.

Es sei denn, es geschieht noch etwas, und jemand verschafft dieser Frau, diesem Arbeitstier, diesem Vollzeit-Kaltblut, noch einen Job, der sie von uns fern hält. Sie kann alles, weil nichts. Wie wär’s mit Fußballtrainerin von England und Schottland zusammen? Oder sie geht für 800 Tage in den Big-Brother-Container – allein, damit sie nicht rausfliegen kann. Die Kameras werden abgeschaltet. Und wenn der Tierschutzverein nichts dagegen hat, kommt der Berner Sennhund mit rein. RAYK WIELAND