Die Apparatschiks

Die bekannten Radio-Eins-Moderatoren Volker Wieprecht und Robert Skupin wollen etwas Neues ausprobieren: Sie wollen demnächst ins Fernsehen und gründen ein Medien-Start-up

von MARTIN REICHERT

„Manche Moderatoren liegen etwas schwer in den Ohren, andere nicht“: Das Moderatorenduo Volker Wieprecht und Robert Skupin gehört zweifellos zur bekömmlicheren Sorte, da verspricht die Radio-Eins-Eigenwerbung nicht zu viel. Lob sind die beiden mittlerweile gewohnt, zuletzt ernteten sie allseitigen Beifall für ihre Morning-Show „Der schöne Morgen“, in der sie verschlafene Berliner und Brandenburger unter anderem mit der Rubrik „intime Töne“ für den Tag fit machten: Aufstehen mit „Mein Name ist Hase“, gesungen von Chris Roberts.

Nach insgesamt zehn Jahren Radio-Frühdienst und einem halben Jahr „Der schöne Morgen“ waren Volker Wieprecht und Robert Skupin, beide 36 Jahre alt, allerdings „einfach fertig“. Morgenmoderatoren müssen um 4 Uhr aufstehen. Die letzte Sendung war im September. „Auf Dauer kann man das nur machen, wenn man sich darauf beschränkt“, sagt Wieprecht. Ihr neues Format „Die schöne Sendung“, ein Wochenrückblick, läuft deshalb am späten Freitagnachmittag von 16 bis 19 Uhr, wieder auf dem ORB-Sender Radio Eins. Zwischen Musik von Richard Ashcroft und The Cure werden auch schon mal Leute verheiratet. Außerdem gilt es für die Moderatoren, das Kuriosum der Woche zu erraten. Und zwar unter verschärften Bedingungen: mit Zinkeimer auf dem Kopf.

Wer so viel intelligenten Blödsinn im Kopf hat, kann und will noch mehr auf die Beine stellen: Statt nur Radiosendungen zu moderieren, wollen die beiden sich nun verstärkt ihrer Agentur „Der Apparat“ (siehe Kasten) widmen: Die entwickelt schon seit längerem Hörfunkformate und produziert Werbung.

Das nächste große Projekt steht schon vor der Tür, beziehungsweise „das Ei ist schon an der Hühnchen-Rosette“, wie Volker Wieprecht sich ausdrückt. Zusammen mit Sozial- und Musikprojekten aus Italien, Spanien und Großbritannien soll ein internationales Internet-Jugendradio entstehen. Das von der Europäischen Union geförderte Pilotprojekt soll zum Beispiel Straßenkindern aus England ermöglichen, Sendungen zu moderieren oder selbst gemachte Musik zu verbreiten. „Der Apparat“ liefert Radiokompetenz und viele Ideen.

Die zündenden Ideen im Zweierpack Wieprecht und Skupin liefert meistens Robert Skupin – der stillere, zurückhaltendere. Schnellsprecher Volker Wieprecht dämpft und denkt an die Umsetzung. Zusammen wird ein Schuh daraus, auch wenn der Schnellsprecher auf den ersten Blick naturgemäß das Wort führt. Wenn man sieht, wie die beiden sich vertrauensvoll bei einem Fototermin aneinander kuscheln, glaubt man Volker, wenn er sagt: „Robert ist wirklich mein bester Freund.“

Die Freundschaft ist allerdings erst langsam im Laufe einer mittlerweile zehnjährigen Zusammenarbeit entstanden, am Anfang gab es noch viel Streit. Kennen gelernt haben sich die beiden beim Sender Freies Berlin, wo Skupin es bis zum Aufnahmeleiter gebracht hatte und Wieprecht unter anderem für den Kinderfunk als Reporter unterwegs war.

Eigentlich wollte Volker Wieprecht Lehrer werden. Studiert hat er Deutsch, Philosophie und Latein. Sein Professor hatte ihn gewarnt: Wer Latein studiere, könne abends nicht ins Kino gehen. Prompt fiel er dreimal durch die Abschlussprüfung. Geblieben sind gute Kenntnisse in römischer Literatur und seine geliebte alte Lateinlehrerin, die manchmal durch seine nächtlichen Träume spukt. Lateinunterricht bei Volker Wieprecht, keine schlechte Vorstellung. Aber wer hat schon einmal einen Lateinlehrer auf dem Rennrad sitzen sehen? Eine Leidenschaft Wieprechts, die so gar nicht zum Anforderungsprofil eines richtigen Alphilologen passen will.

Auch Robert Skupin ist es nicht immer gelungen, die Anforderungen zu erfüllen: Sein Praktikum bei der taz-Redaktion in Bonn wurde mit dem Hinweis „Wir sind ein linkes Projekt“ vorzeitig beendet. „Das war besser für beide Seiten“, schmunzelt Skupin heute. Damals wohnte er noch in Bonn, bevor es ihn nach Berlin zum Publizistikstudium zog. Journalistisch Fuß fassen konnte er dort zunächst in der Nachrichtenredaktion des inzwischen legendären Alternativsenders Radio 100. Als er schließlich beim SFB gelandet war, merkte er irgendwann, dass dort „alle Claims abgesteckt waren“.

Zusammen mit Wieprecht moderierte er fortan erfolgreich Sendungen bei Radio Fritz. Nach insgesamt vier Jahren war 1997 Feierabend: Der Entschluss zu gehen fiel mit der Auflösung der Boygroup „Take That“ zusammen. Inzwischen deutlich über dreißig, waren die beiden Moderatoren mit heulenden Teenagern schlicht überfordert: „Wir konnten die Sorgen und Nöte der Jugendlichen nicht mehr ernst nehmen“, sagt Wieprecht rückblickend.

Fortan trieben sie ihr Unwesen lieber auf Radio Eins. Der Sender, der mittlerweile nach Ausscheiden des SFB unter alleiniger Flagge des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg läuft, bedient eine etwas ältere Zielgruppe. Und wird von kaum jemandem gehört. Immerhin ist der Sender in der wichtigen Media-Analyse aufgetaucht, der Marktanteil bleibt jedoch gering. Wieprecht und Skupin ist das schnurz: „Wir machen die Sachen, die uns auch Spaß machen“ – auch noch für eine „denkende und intensiv fühlende Randgruppe“ (Skupin). Gut, dass Öffentlich-Rechtliche nicht wirklich auf hohe Zuhörerzahlen angewiesen sind.

Ab nächstem Jahr gilt für die beiden ohnehin, ein neues Medium zu erobern: das Fernsehen. Beim Berliner Regionalfernsehen B 1 durfte Volker Wieprecht im letzten Jahr schon mal üben, als er die Live-Übertragung der Love Parade mitmoderierte. Ab dem 2. Januar werden die beiden ein wöchentliches News-Quiz auf dem Privatsender n-tv moderieren. Jeweils am Samstag zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr gibt es dann wieder eine Art Wochenrückblick mit „Call-Inns“: Zuschauer beantworten Fragen und können ein Lexikon gewinnen. Dass Wieprecht und Skupin nach Eigenaussage keine typischen Fernsehvisagen haben, schreckt sie nicht. Unlängst monierte bereits die Berliner Zeitung, dass die beiden Stars fast keine Haare mehr auf dem Kopf hätten. Aber das haben sie schließlich mit ihrem Produzenten gemeinsam: Friedrich Küppersbusch hatte auch mit kreisrundem Haarausfall keine Probleme, mit „Zak“ und „Privatfernsehen“ erfolgreich Fernsehen zu machen. Auch als Produzent ist er nicht schlecht: Sandra Maischberger hat immerhin gerade den deutschen Fernsehpreis bekommen. Vielleicht gelingt ihm mit den beiden Radionasen ein weiterer großer Wurf. Die drei verbindet bereits jetzt eine innige Geschäftsfreundschaft, „von Friedrich kann man viel lernen“, sagt Wieprecht.

Wenn alles klappt, werden statt der Nachtruhe die Wochenenden im Eimer sein. Aber auch das werden die notorischen Frohnaturen überleben, denn eigentlich finden Robert Skupin und Volker Wieprecht es nahezu unverschämt, für ihre Arbeit auch noch Geld zu nehmen: „Wir sind gar nicht professionell. Der Leidensdruck ist viel zu gering.“