Peinliche Beteiligung für TUI

Europas größter Reiseveranstalter muss zugeben, dass er ein schwarzes Schaf gekauft hat: Die Vertriebspraktiken der neuen Timesharing-Tochter Anfi del Mar sollen keineswegs immer sauber gewesen sein. TUI-Sprecher gelobt Besserung

von PETER PALE

Vergangenen Montag hat der Touristikkonzern TUI seine Absicht bekannt gegeben, in das Marktsegment Timesharing einzusteigen. Mit 51 Prozent will sich die TUI an Teilen von Anfi del Mar S. A. beteiligen, die Ferienwohnrechte auf Gran Canaria und in der Schweiz vertreibt. Dabei sagte der Leiter dieses Geschäftsfeldes, Manfred Schönleben, die Anfi habe als eines der ersten Unternehmen die Umstellung der Vertriebspraktiken nach den europäischen Richtlinien vollzogen. Gemeint war, die Anfi vertreibe ihre überteuerten Wohnrechte nicht mehr durch die branchenüblichen Drückerkolonnen. Genau diese Aussage ist falsch, und so muss sich der Konzern inzwischen um Schadensbegrenzung bemühen.

Die Anfi vertreibt bis heute sehr wohl ihre Teilzeitwohnrechte mit unseriösen Methoden auf Gran Canaria. Von einer Vorreiterrolle im Verbraucherschutz kann keine Rede sein. Drücker, im Branchenjargon Outside Personal Contacter genannt, halten Urlaubern am Strand von Gran Canaria eine Lostrommel vor die Nase, die vermeintlich Glücklichen ziehen prompt einen Gewinn, den sie sich aus der Ferienanlage von Anfi abholen müssen. Das Taxi steht schon bereit.

In der Anlage werden sie in ein mehrstündiges Verkaufsgespräch verwickelt, bis sie nach vielen unhaltbaren Versprechungen endlich einwilligen, mindestens 13.500 Mark zu bezahlen. Walter und Margit Petzold* wurden morgens um halb elf am Strand zur Verlosung gebeten. Als sie unterschrieben hatten, war es halb zehn Uhr abends. Weil sie die 13.500 Mark für die Urlaubswoche nicht auftreiben konnten, lieferte Anfi den Kreditvertrag gleich mit. Eine Anzahlung von knapp 3.000 Mark wurde sofort per Kreditkarte eingezogen. Anschließend sollten sie bei einem effektiven Jahreszins von 15,18 Prozent (bankenüblich sind unter 10 Prozent) den Rest über sieben Jahre mit 208 Mark im Monat abstottern. Das von Anfi angeblich angewandte Teilzeitwohnrechtegesetz verbietet eine Anzahlung innerhalb der zehntägigen Widerrufsfrist.

Nach der Pressekonferenz am Montag war die Resonanz weitgehend positiv gewesen. Zwar erwähnten die Medien, dass Timesharing einen schlechten Ruf habe, aber die meisten folgten den Behauptungen der TUI. Nur die freie Journalistin Tatjana Meier belieferte die Berliner Zeitung und die Hannoversche Allgemeine mit kritischen Artikeln, weil sie die Geschichte von Anfi del Mar kannte. Daraufhin verweigerte ihr die TUI weitere Infos.

Die Stiftung Warentest hat inzwischen neue Verbraucherbeschwerden über Anfi del Mar erhalten und das Unternehmen wieder auf die Warnliste Timesharing gesetzt. Auf dieser hatte es bis 1999 schon einmal gestanden und war erst gestrichen worden, nachdem es längere Zeit keinen neuen Hinweis gegeben hatte. Claus Eschemann, der sich in der Redaktion Finanztest mit Timesharing beschäftigt, erklärte der taz dazu: „Das Fehlen auf der Warnliste bedeutet keinesfalls, dass die Stiftung Warentest ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt empfiehlt. Es lag nur länger keine aktuelle Beschwerde vor.“

Was das für die TUI bedeutet, ist noch nicht abzusehen. Inzwischen räumt man ein, dass es bei der Anfi nicht immer sauber zuging. Pressesprecher Mario Köpers verspricht, dass diese Vertriebsmethoden umgehend eingestellt werden. Viele Fragen bleiben jedoch. Manfred Schönleben ist ein alter Hase im Touristikgeschäft. Zuvor war er nach Angaben von Vorstandsmitglied Peter Seeger unter anderem Geschäftsführer bei Kempinski.

* Name geändert