Witwe oder Geld

Die Rentenreform bewahrt Frauen vor Altersarmut, behauptet die SPD. Nichts wird besser, meint der DGB

BERLIN taz ■ Für Karin Junker ist die Rentenreform ein Schritt zu mehr Emanzipation. „Das Modell schafft Anreize zur Erwerbstätigkeit“, lobte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen gestern in Berlin. Eltern, die während der Kindererziehung Teilzeit arbeiten, würden bei der Rente nicht mehr benachteiligt. Bis zum zehnten Lebensjahr des jüngsten Kindes wird die Arbeitszeit auf dem Rentenkonto mit fünfzig Prozent mehr Gehalt berücksichtigt. Aufgewertet wird höchstens bis zum Durchschnittsverdienst.

„Die Reform schützt Frauen zudem vor verschämter Altersarmut“, schwärmt die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Ulla Schmidt. Dann bleibe Rentnerinnen der Gang zum Sozialamt erspart. Für den Antrag auf Sozialhilfe ist künftig die Rentenversicherung zuständig. Kinder müssten dann keinen Unterhalt mehr leisten.

Als Erfolg verbuchten die SPD-Politikerinnen auch das Rentensplitting. Wenn der zweite Partner in Rente geht, sollen Paare künftig entscheiden können, ob sie ihre in der Ehe erworbenen Rentenansprüche in einen Topf werfen. Das lohnt sich vor allem für den Partner, der weniger verdient. Entscheidet sich dagegen jeder für eine eigene Rente, hat beim Tod des Partners der Überlebende auch Anspruch auf Hinterbliebenenrente.

Trotzdem muss das nicht günstiger sein. Riester will die Witwenrente für Kinderlose von 60 auf 55 Prozent kürzen. Heiratet der Hinterbliebene wieder, fällt die Witwenrente weg. „Die Rente aus dem vereinbarten Rentensplitting bleibt dagegen erhalten“, so Karin Junker über die Vorzüge.

Ruth Palik vom Deutschen Gewerkschaftsbund sieht im Splitting dennoch keinen Vorteil. „Wenn man ausrechnen will, ob sich das lohnt, muss man wissen, welcher Partner eher stirbt“, kritisiert Palik, zuständig beim DGB für Alterssicherung. Die Rentenreform verstärke die Benachteiligung der Frau noch. „Unter der Absenkung des Rentenniveaus leiden Frauen stärker, weil sie ohnehin weniger verdienen.“ Trotz geringerer Einkommen müssten Frauen höhere Beiträge zahlen, da Versicherungen und Banken von einer höheren Lebenserwartung ausgehen.

Zumindest dieses Problem sieht auch die SPD. Frauenpolitikerin Karin Junker will mit der Wirtschaft verhandeln, wie sich geschlechtsunabhängige Tarife für die private Altervorsorge gesetzlich festschreiben lassen.

RALF GEISSLER