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Rassismus stärkt den Standort

Arbeitgeberpräsident Hundt möchte gerne zwischen nützlichen und unnützen Ausländern unterscheiden. Das empört kaum einen anständigen Deutschen

BERLIN taz ■ Heiko Kaufmann reagiert ziemlich wütend auf Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt (BDA). „Wer das Grundrecht auf Asyl in Frage stellt, hat nichts begriffen“, wettert der Sprecher von Pro Asyl. Er steht alleine da mit seiner Kritik an Hundt.

Niemand sonst empört sich über die Rede, die Hundt am Dienstag auf dem Deutschen Arbeitgebertag gehalten hatte. Darin hatte er die Änderung des Asylrechts gefordert. Er monierte, in den vergangenen zehn Jahren habe sich die Zahl der beschäftigten Ausländer trotz Zuwanderung nicht erhöht, wohl aber die Zahl der Sozialhilfeempfänger. „Wir Arbeitgeber wollen eine geregelte Zuwanderung vor allem für den Arbeitsmarkt statt der heute stattfindenden ungeregelten Zuwanderung in unsere Sozialsysteme“, sagte Hundt. Illegale Einwanderung in die Bundesrepublik müsse künftig unterbunden werden.

Damit schwenkt der Arbeitgeberpräsident auf CSU-Linie ein. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein hatte im August gefordert, das individuelle Grundrecht auf Asyl aufzugeben, „um Spielräume für Ausländer zu schaffen, die uns nützen“. Auch für Hundts Arbeitgeberverband ist eine Änderung des Grundrechts auf Asyl kein Tabu.

„Uns geht es darum, die Anerkennungsverfahren zu beschleunigen“, verteidigte BDA-Arbeitsmarktexperte Christoph Kannengießer gestern seinen Chef. „Da müssen wir auch prüfen, welche Spielräume uns das Verfassungsrecht gibt.“

Momentan werde das Asylrecht von einigen Einwanderern missbraucht, die mit langen Verfahren ihren Aufenthalt in Deutschland verlängern und damit politisch Verfolgten eine schnelle Anerkennung erschweren. „Die langen Verfahren schaden nicht nur den Sozialkassen, sondern sind auch keine gute Voraussetzung für eine Integration – zum Beispiel in den Arbeitsmarkt“, sagte Kannengießer.

Kaufmann findet die Überlegungen über eine Grundgesetzänderung unsinnig. „Wer das Grundrecht auf Asyl weiter aushöhlen will, muss auch die Genfer Flüchtlingskonvention ändern.“ Diese auch von der Bundesregierung unterzeichnete Konvention garantiere politisch Verfolgten europaweit Asylrecht. „Mit der Forderung nach Grundgesetzänderung begibt man sich also nur auf Stammtischniveau und stellt Völkerrecht in Frage“, sagt Kaufmann.

Er empfiehlt Dieter Hundt Nachhilfestunden bei seinem Lobby-Kollegen Hans-Olaf Henkel vom Bundesverband der Deutschen Industrie. Auch er befürwortet eine schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber und zügigere Verfahren, will das Grundrecht auf Asyl aber nicht antasten. „Henkel ist weltoffener“, sagt Kaufmann. „Er weiß, dass man die Debatte um Einwanderung und Asyl nicht vermischen darf.“ RALF GEISSLER

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