Das Tor bleibt sauber. Basta!

NPD darf abermals durch Berlin marschieren. Gegenkundgebung soll nicht zu groß werden

von GEREON ASMUTH
und BERND SIEGLER

Die NPD wird nicht durch das Tor maschieren. Bei ihrer Demonstration am Samstag lassen die Rechten das Brandenburger Tor, dieses nationale Symbol, links liegen. Die Parteiführung hat auf den demonstrativen Spaziergang durch das Tor verzichtet, freiwillig.

Tagelang hatte die Berliner Polizei damit gedroht, den Aufmarsch zu verbieten. Dann zeigte sich die NPD kooperativ. Die angekündigten 1.500 Neonazis werden wenige hundert Meter vor dem Tor rechts abbiegen.

Zuvor wollen sie am Roten Rathaus vorbeimarschieren. Dorthin mobilisiert zeitgleich die „Berliner Initiative: Europa ohne Rassismus“. Nach der Demonstration für Menschlichkeit und Toleranz am 9. November „wollen wir der NPD zwei Wochen später nicht alleine die Straße überlassen“, heißt es im Aufruf der überparteilichen Initiative.

Bundestagpräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat sich als Redner angekündigt. Auch Grüne, PDS, Kirchen, Jüdische Gemeinde und Gewerkschaften üben sich im Widerstand. Die lange Liste der Bundesprominenz, die noch am 9. November Gesicht zeigte, fehlt jedoch. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) ließ die taz gestern wissen, er könne wegen anderer Terminverpflichtungen nicht teilnehmen. Die Berliner CDU hat auch schon abgesagt.

„Wir wollen die Kundgebung gar nicht mit der vom 9. November vergleichen“, stapelt Safter Cinar von der Berliner Initiative tief. Bei der Bundesprominez habe man daher gar nicht um Unterstützung nachgefragt. Schon wenige tausend Demonstranten, so der Mitarbeiter des DGB-Landesverbandes, seien diesmal ein Erfolg. Ein erneuter Massenauflauf gegen die NPD sei sogar „unangemessen“, so Cinar. Dies würde die Rechtsextremisten nur aufwerten.

Alle dürfen zufrieden sein. Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) hat wie angekündigt durchgesetzt, dass das Tor nicht schon wieder als Nazitreffpunkt weltweit über die Bildschirme flimmert. Dass die NPD nun andernorts aufmarschiert, dürfte dem Senator nicht völlig unrecht sein. Behauptet er doch, ein Demonstrationsverbot sei bei der gegenwärtigen Rechtslage nicht durchsetzbar, auch wenn Verfassungsrechtler das Gegenteil behaupteten. Werthebach setzt auf eine Einschränkung des Versammlungsrechtes.

Und auch die NPD dürfte nicht unglücklich sein. Ihre Demonstration gegen das Verbot der Partei hat überregional großes Echo und die gewünschte Bewegungsfreiheit gefunden.

Ursprünglich wollten die Rechtsextremisten durch München ziehen. Doch zahlreiche, zum Teil geschickt auf oder unmittelbar neben der geplanten Route der NPD platzierte Gegenveranstaltungen haben erreicht, dass das Münchner Kreisverwaltungsreferat ein Verbot des NPD-Demonstrationszuges in Aussicht gestellt hatte. Man wollte der NPD nurmehr eine „stationäre Kundgebung“ am Mariahilfplatz erlauben. Daraufhin zog die NPD ihre Anmeldung zurück.

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) wertet die Verlegung des ursprünglich in der bayerischen Landeshauptstadt geplanten Aufmarschs der NPD in die Bundeshauptstadt als „großartigen Erfolg des demokratischen München“.

Trotz der NPD-Absage steht der Münchner Jakobsplatz zwei Tage lang im Zeichen des Protests. Geboten werden eine Kundgebung, eine Podiumsdiskussion, Filmvorführungen und ein Open-Air-Konzert.