Keine feste Quote

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach will mit seiner Partei intensiv über mehr Flexibilität bei Einwanderung reden

taz: Herr Bosbach, die EU-Kommission fordert ein „Bekenntnis zu multikulturellen Gesellschaften“. Muss die Union ihre Haltung korrigieren?

Wolfgang Bosbach: Überhaupt nicht. Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass Multikulturalität, wie sie etwa die Grünen vertreten, kein gesellschaftliches Ziel sein kann. Multikulturalität, was auch immer die EU-Kommission dazu schreibt, fördert am Ende nur die Herausbildung von Parallelgesellschaften. Das aber kann doch niemand, der wie meine Partei für eine gesteuerte Zuwanderung und für konsequente Integration ist, wollen.

Die EU hält bei einer künftigen Regelung der Einwanderung starre Quoten für nicht praktikabel. Gerade das aber wollen einige in Ihrer Partei.

Da gibt es noch Diskussionsbedarf. Wir werden über die Frage von Quoten, die elementar beim Zuwanderungsthema ist, innerhalb der CDU-Einwanderungskommission intensiv reden müssen.

Wie ist Ihre Haltung dazu?

Ich habe Zweifel daran, dass wir mit einer starren Quotenregelung weiterkommen.

Die EU-Kommission wirft den Mitgliedsstaaten so genannte Null-Immigration vor. Muss also der für Deutschland geltende Anwerberstopp von 1973 beseitigt werden?

Diese Einschätzung der EU-Kommission ist mir zu pauschal. In den letzten zehn Jahren hatten wir in der Bundesrepublik pro Jahr im Durchschnitt eine Nettoeinwanderung von 200.000 Menschen. Was den Anwerbestopp angeht, so haben wir auch dort eine differenzierte und sicherlich problematische Regelung. Es gibt die so genannte Anwerbestopp-Ausnahmeregelung. Diese müsste meiner Ansicht nach durch die flexible Quote ersetzt werden. Darüber wollen wir in der CDU-Zuwanderungskommission auch reden.

In den EU-Staaten diskutiert man die Immigration unterschiedlich, ist die Lage sehr verschieden. Maßt sich die EU-Kommission da zu viel an?

Auf dem Amsterdamer Gipfel der EU hat man sich darauf verständigt, die Zuwanderung zu einem Thema zu machen. Ob die EU-Kommission allerdings den Diskussionsstand in den einzelnen Ländern widerspiegelt, scheint mir fraglich. Da verspreche ich mir mehr vom EU-Ministerrat oder dem EU-Parlament. Dort wird deutlicher, welche unterschiedlichen Bewertungen, nicht nur zu Zuwanderung, in den einzelnen Ländern vorhanden sind. Im Übrigen erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie die deutschen Interessen energischer als bisher vertritt.

INTERVIEW: SEVERIN WEILAND