Neues Bahn-Güterkonzept

DB Cargo konzentriert sich auf lukrative Kunden. Die Hälfte der Güterverkehrsstellen fallen weg

FRANKFURT taz ■ Die Deutsche Bahn AG will bis zum Jahr 2004 fünf Milliarden Mark in die Modernisierung ihres Güterverkehrs stecken. Wie Bahn-Chef Hartmut Mehdorn gestern in Frankfurt bekannt gab, sollen mit dem Geld neue Züge und Spezialwaggons angeschafft werden. Ziel sei es, den Gütertransport bei der Tochter DB Cargo deutlich zu steigern. Dazu wolle die Bahn „Transporte aus einer Hand“ anbieten. Mehdorn sagte, Lastwagen und Binnenschiffe würde daher in das neue Konzept der Bahn einbezogen.

Anfang der Woche hatten Medien berichtet, die Bahn wolle mehr als die Hälfte ihrer rund 2000 Güterverkehrsstellen schließen. Der taz wurden diese Angaben aus Unternehmenskreisen bestätigt. Dort hieß es allerdings auch, dass über die verbleibenden 900 Stellen heute bereits 94 Prozent des gesamten Güterverkehrs abgewickelt würden. Mehdorn sagte gestern nur, man wolle die bestehenden 2.100 Anschlüsse überprüfen. Dazu gehören Gleisanschlüsse, die bis auf das Gelände von Kunden wie etwa Stahlkonzernen reichen, und öffentlich zugängliche Ladegleise, etwa für die Holzfirmen.

Der Bahn-Chef hatte bereits am Montag auf einer Expertentagung in Berlin angekündigt, die Bahn wolle künftig stärker auf Container setzen, statt wie bisher ganze Züge zu den Ladestellen zu schicken. „140.000 Mark kostet ein Güterwagen, ein Container kostet nur 10.000“, sagte Mehdorn zur Begründung. Auch standen in der Vergangenheit solche kompletten Güterzüge oft mehrere Wochen am Gleisanschluss, bis sie voll beladen waren. In der Zwischenzeit fehlten die Fahrgestelle an anderer Stelle. Logistikunternehmen werfen der DB Cargo vor, ihre Wagen nicht pünktlich und in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen.

Der Deutsche Industrie- und Handelstag bezeichnete das neue Konzept als „mutig und richtig“. Das Unternehmen Deutsche Bahn habe keine andere Wahl, als sich nur auf die profitablen Bereiche zu konzentrieren. Die Eisenbahngewerkschaft Transnet hingegen nannte die Pläne einen „Rückzug aus dem Güterverkehrsmarkt“. Seien die Verladestellen erst einmal verschwunden, könne der Wunsch der Bundesregierung, „mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen“, kaum noch umgesetzt werden. Bahn-Expertin Petra Niß vom Verkehrsclub Deutschland kritisierte, „die Konzentration auf profitable Transporte für die Chemie- und Stahlindustrie überlässt dem Lkw das Feld. Das neue Konezpt bedeutet das Aus für eine breite Güteroffensive der Bahn.“ Erst letzte Woche hatte die Bundesregierung bis 2015 ein Wachstum des Güterverkehrs um 64 Prozent vorhergesagt. Fast zeitgleich hatte der neue Verkehrsminister Kurt Bodewig angekündigt, er wolle den Gütertransport auf der Schiene bis dahin verdoppeln.

KATHARINA KOUFEN