Abschied vom Atom

Wasserkraft Volk AG im badischen Bleibach mit Kapitalerhöhung. Neue Aktien für 30 Millionen Mark als „Reaktion auf dynamische Entwicklung“

von BERNWARD JANZING

Im allgemeinen Börsenfieber droht eine andere Anlageform in Vergessenheit zu geraten: Aktien, die nicht an der Börse gehandelt werden. Dazu gehören die Wertpapiere des badischen Turbinenherstellers Wasserkraft Volk AG (WKV). Doch wie kommt man an diese Aktien heran? Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man versucht, im außerbörslichen Handel Aktien zu erwerben oder man wartet auf die nächste Kapitalerhöhung.

Eine solche Kapitalerhöhung ist bei der Wasserkraft Volk AG jetzt gerade angelaufen. Neue Aktien im Wert bis zu 30 Millionen Mark will das Unternehmen in den kommenden Wochen ausgeben – als Reaktion auf die sehr dynamische Geschäftsentwicklung der vergangenen Monate. Denn wie bei den börsennotierten Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien, schafft auch bei der Wasserkraft Volk AG der gestiegene Ölpreis Wachstumsperspektiven. „Die Preisentwicklung auf dem Ölmarkt zeigt uns, dass die erneuerbaren Energien eine große Zukunft haben“, so WKA-Vorstand Manfred Volk.

Früher als ursprünglich geplant wird das Unternehmen daher mit dem Geld aus der aktuellen Kapitalerhöhung ihren zweiten Geschäftsbereich aufbauen: Zusätzlich zur Planung und Produktion von Turbinenanlagen will man künftig auch Wasserkraftwerke an ausgewählten Standorten selbst betreiben und damit umweltfreundlich und krisensicher Strom erzeugen. Projekte in Frankreich, Portugal und Sri Lanka seien bereits akquiriert, heißt es. Manfred Volk hat bei seinen Projekten eine politische Vision: „Wir werden den Abschied von den energiepolitischen Auslaufmodellen weiter voranbringen, das ist gleichermaßen im Sinne der Umwelt wie im Sinne unserer Aktionäre.“ Schließlich hat der badische Unternehmer vor Jahren gegen das in seinem Heimatlandkreis geplante AKW Wyhl gekämpft – und das Ziel Atomausstieg seither nie aus den Augen verloren.

Das beweist auch seine neue Fabrik in Bleibach im Landkreis Emmendingen. Volk nennt sie „Zukunftsfabrik“. Dort werden Wasserturbinen allein mit Energie aus erneuerbaren Quellen gefertigt. 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom wird das Unternehmen mit zwei Turbinen an der Elz (96 und 222 Kilowatt) auf dem Firmengelände jährlich erzeugen. Etwa ein Drittel davon benötigt die Firma in den Produktionshallen, den größten Teil wird sie ins örtliche Stromnetz einspeisen. „Das Konzept entspricht unserer Vorstellung von glaubwürdigem Management“, sagt der Firmenchef.

Die neue Firma auf dem 7.000 Quadratmeter großen Gelände wurde in jeder Hinsicht als umweltgerechter Bau konzipiert. Selbst die Abwärme von Turbinen und Generatoren, die bei 15 Kilowatt liegt, wird zur Raumheizung genutzt. Solarkollektoren versorgen die Firma mit Warmwasser, das Gebäude entspricht dem Niedrigenergiestandard und ist optimal auf die Sonne ausgerichtet. Die Baustoffe kommen allesamt aus der Region – zu 65 Prozent wurde Holz verbaut –, das Flachdach wurde begrünt und das Regenwasser gelangt nicht in die Kanalisation, sondern versickert. Auch eine Holzhackschnitzelfeuerung zur Beheizung der Räume war angedacht, doch sie wurde durch das Niedrigenergiekonzept verzichtbar. Als „die erste energieautarke und CO2-emissionsfreie Schwermaschinenfabrik Deutschlands“ bezeichnet Manfred Volk das im Mai dieses Jahres bezogene Firmengebäude.

32 Mitarbeiter hat das Unternehmen heute, in den kommenden Jahren will die Firma die Zahl auf 80 erhöhen. Das Wachstum des jungen Unternehmens, das 1979 gegründet und 1997 zur Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, macht diese Perspektiven realistisch: 1996 wuchs der Umsatz um 27 Prozent, 1997 um weitere 18 Prozent, und 1998 um abermals 25 Prozent auf fast sechs Millionen Mark. 1999 waren es schließlich 6,5 Millionen Mark, in diesem Jahr werden es sieben Millionen sein. Mit 10,5 Millionen Mark rechnet die Firma im kommenden Jahr. „Dem Volk geht’s gut“, schrieb ein Frankfurter Wirtschaftsmagazin, ein anderes nannte den 46-jährigen Unternehmer voller Bewunderung den „Turbo-Mann“.

820 Aktionäre hatten bei der vorhergehenden Kapitalerhöhung zwölf Millionen Mark aufgebracht und damit den Bau des innovativen Fabrikgebäudes ermöglicht. Neue Aktien sind jetzt für jedermann erhältlich, nachdem die Bezugsfrist für Altaktionäre in der vergangenen Woche zu Ende ging. Die Papiere werden als Stammaktie für 95 Mark und als Vorzugsaktie für 72 Mark ausgegeben. Für Frühzeichner gewährt das Unternehmen bis zum Jahresende einen Rabatt von zehn Prozent.

Da die WKV-Aktien nicht an der Börse gehandelt werden, eignen sie sich für Investoren, die eine langfristige Kapitalanlage suchen. Aber auch ohne Börsennotierung ist das Papier mit Beschluss der jüngsten Hauptversammlung Anfang November noch interessanter geworden: Die WKV-Vorzugsaktien wurden von Namens- in Inhaberaktien umgewandelt, um damit den außerbörslichen Handel (zum Beispiel im Internet) deutlich zu erleichtern.

An einen Gang an die Börse denkt Firmenchef Volk derzeit nicht. Denn von den oft kurzlebigen Trends an den Wertpapiermärkten will er sich durch Kontinuität absetzen. Entsprechend setzt er auf Investoren, die nachhaltiges Wirtschaften in doppeltem Sinne verstehen: als umweltgerecht und langfristig rentabel. Manfred Volk: „Ich setze auf Leute, die keine Dollarzeichen in der Brille haben.“

Wasserkraft Volk AG, Am Stollen 13, 79261 Gutach, Tel. (0 76 85) 91 06-0, Fax: (0 76 85) 91 06-10, www.wkv-ag.com, E-Mail: wkv.ag@t-online.de