Gasexplosion: Ein fataler Fehlgriff

■ Die Ursache des Unglücks steht fest: Der Löffelbagger war es

Der Bagger war's. Aber trägt der Baggerfahrer deswegen auch die Verantwortung für die Gasexplosion, durch die vor einer Woche im Geschwornenweg elf Menschen getötet wurden und ein Sachschaden von bis zu 15 Millionen Mark entstand? Eine Woche nach dem Unglück ist die Schuldfrage offiziell noch ungeklärt. Dies ist das Ergebnis einer Pressekonferenz, bei der gestern die Öffentlichkeit „abschließend“ über die Explosion informiert werden sollte. Derzeit wisse man noch nicht einmal, wer Zeuge und wer Beschuldigter sei, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Dr. Thorsten Prange.

Fest steht mittlerweile nur die Ursache der Explosion, und das bis ins Detail: Wie bereits vermutet, hat aller Wahrscheinlichkeit nach ein so genannter Löffelbagger bei Erdarbeiten vor dem später explodierten Gebäude eine Gasleitung beschädigt. Dabei handelt es sich um ein von der Hauptleitung abzweigendes Rohr, durch das das Heilsarmee-Haus mit Gas versorgt wurde. Der Bagger habe dieses Rohr gegriffen und nach oben angehoben, erläuterte der leitende Kriminaloberrat Hans-Jürgen Rippe. Spuren an der Leitung würden dies belegen.

Die fatale Folge des „Fehlgriffs“: Die Leitung bekam einen starken Knick, blieb aber äußerlich ansonsten intakt. Im Keller des Hauses jedoch löste sich auf Grund der Zugwirkung ein T-Stück aus der Verschraubung, das Gas konnte ungehindert in den Hohlraum strömen – laut Rippe immerhin 240 Kubikmeter in der Stunde. Die Ermittler gehen allerdings davon aus, dass es bereits nach etwa 20 Minuten zur Explosion des Gas-Sauerstoff-Gemisches kam.

Auch hier ist noch unklar, was oder wer den zündenden Funken gegeben hat: Bereits ein zwischen Kellertür und -boden eingeklemmtes Sandkörnchen habe durch seine Reibungswärme theoretisch die Explosion auslösen können, sagte der Ermittler. Möglicherweise steht der getötete Hausmeister des Wohnheims, der mit Explosionsverletzungen im Keller gefunden wurde, im Zusammenhang mit der Detonation. Auch ein betätigter Lichtschalter genügt.

Die zentrale Frage bleibt jedoch, wie es zur Beschädigung des unterarmdicken Gasrohrs kommen konnte. Es sei zu kurz gegriffen, sich ausschließlich auf den Baggerfahrer zu konzentrieren, meinte der Vertreter der Staatsanwaltschaft, Thorsten Prange. Wie ist der Baggerfahrer eingewiesen worden? Wie hat sich die Bauleitung verhalten? Welche Grundlagen hatte die Bauleitung? All diese Fragen müss-ten geklärt werden, so Prange. Auf Baustellen wie der im Geschwornenweg gelten besonders strenge Auflagen. So darf im Nahbereich eines Gasrohres nicht mit maschineller Hilfe gearbeitet werden.

Die für die Gasversorgung verantwortliche swb AG hatte bereits in der vergangenen Woche versichert, aktuelles Kartenmaterial zur Verfügung gestellt zu haben. Die Bremer Baufirma, die für die swb-Tochter Hansewasser im Geschwornenweg buddelte, hätte demnach über die Lage des Rohres informiert sein müssen. Welchen Kenntnisstand der Baggerfahrer selbst hatte, ist nicht bekannt. Klar ist nur, dass er nach der Beschädigung sein Fahrzeug zurücksetzte. Wusste er, dass er eine Gasleitung getroffen hatte? Eine Schadensmeldung ist bei der swb AG allem Anschein nach nicht eingegangen. Noch ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen unbekannt. Der Vorwurf: Fahrlässige Tötung. hase