Wer ist dieses „Wir“?

betr.: „Wo ist der Hass?“ von Christian Schneider, taz.mag vom 18./19. 11. 00, Leserinbrief dazu von Christiane Rattinger, taz vom 24. 11. 00

Für mich war der Artikel das Beste, was ich seit langem zum Thema gelesen habe. Ich habe auch in keiner Weise herausgehört, dass Schneider meint, „wir“ seien schuld daran, dass Faschos Menschen totschlagen.

Dieses „Wir“ in Christianes Leserbrief macht mich misstrauisch. Wer ist dieses „Wir“? Die automatisch Guten? Die taz-LeserInnen? Beides in Personalunion? Muss man wirklich bei jedem Gedanken über die Genese von Ausländerhass von neuem beteuern, dass Verstehenwollen nicht gleich Entschuldigen ist?

Auch ich blieb nach dem Lesen des Artikels mit der Frage zurück, wie sich diese Erkenntnisse in Handeln umsetzen lassen. Zum Handeln gehört aber meines Erachtens auch, dass man Lippenbekenntnisse und billigen Aktionismus als solche entlarvt. „Faschos raus“ ist nun mal eine Parole und keine Lösung. In den Knast stecken kann man auch nicht jeden. Artikel wie der von Christian Schneider gehören hinter die Ohren derer geschrieben, die unsere Ausschluss-Gesellschaft maßgeblich gestalten und dann großspurig zu Zivilcourage aufrufen, weil das nichts kostet.

BRITTA DÖPP, Bonn

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.