Proteste in Albanien

Nach gewalttätigen Unruhen im Norden des Landes wurde Expräsident Sali Berisha kurzzeitig verhaftet

BERLIN taz ■ Albaniens Expräsident Sali Berisha gibt wieder einmal den Rambo: Gestern wurde der Oppositionsführer und Chef der Demokratischen Partei nach kurzzeitiger Festnahme durch die Polizei in der Hauptstadt Tirana wieder auf freien Fuß gesetzt. Nach Angaben der Polizei soll sich Berisha geweigert haben, sein Auto und seine Begleiter durchsuchen zu lassen. Berisha beschuldigte Premierminister Ilir Meta, den er als „Banditen“ titulierte, seine Festnahme angeordnet zu haben. Überdies habe ihm die Polizei den absurden Vorwurf gemacht, seine Anhänger hätten bei ihren Protesten Regierungsgebäude demoliert.

Dem Kurzaufenthalt Berishas auf der Polizeistation vorausgegangen waren am Dienstag Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern der Demokraten in der nordalbanischen Stadt Bajram Curri. Dabei waren mindestens zwei Personen getötet und 20 verletzt worden. Bajram Curri liegt im Distrikt Tropoja, der traditionell eine Hochburg des 1997 abgewählten Berisha ist.

Bereits seit zwei Wochen gehen Anhänger Berishas in Tirana täglich auf die Straße. Grund für die neue, mitunter gewaltsame Protestwelle sind die Kommunalwahlen vom vergangenen Oktober, bei denen die regierenden Sozialisten klar gewonnen hatten. Unter dem Vorwurf von Fälschungen hatte die Demokratische Partei den zweiten Wahlgang boykottiert. Nach Bekanntgabe der Endergebnisse hatte Berisha angekündigt, diese nicht anerkennen zu wollen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erteilte dem Urnengang das Gütesiegel „frei und fair.“

Gewalttätige Proteste der Demokraten haben seit ihrem unfreiwilligen Abgang 1997 System. Ein Jahr später war es, unter maßgeblicher Beteiligung von Berisha, zu schweren Unruhen mit zahlreichen Opfern gekommen. BARBARA OERTEL