Diplomatie ist Frauensache

Das Auswärtige Amt will Frauen fördern. Quereinsteigerinnen sind aber unerwünscht

BERLIN taz ■ Wenn es nach Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) ginge, darf Außenpolitik nicht länger Männersache bleiben. „Wir werden den Frauenanteil im diplomatischen Dienst erhöhen und Frauen in die Führungspositionen bringen“, versprach der Außenminister gestern bei der Vorstellung des Buches „Gewandt, Geschickt und Abgesandt“. Fünfzig Frauen haben darin ihre Erfahrungen im diplomatischen Dienst beschrieben.

Joschka Fischer hat sich viel vorgenommen. Zwar beschäftigt das Auswärtige Amt vierzig Prozent Frauen. Aber ihr Anteil im höheren Dienst beträgt nur etwa 16 Prozent – trotz fünf Jahren Förderplan. Von den 213 Auslandsvertretungen der Bundesrepublik werden nur 15 von Frauen geleitet. „Gleichstellung im Auswärtigen Amt zu erreichen ist ein Marathonlauf, der Zähigkeit und Ausdauer braucht. Aber wir werden ankommen“, sagte die Frauenbeauftragte des Auswärtigen Amtes, Ursula Müller.

Wegen der restriktiven Einstellungspraxis konnten bis in die Achtzigerjahre weniger als zehn Prozent Frauen an den Attachélehrgängen teilnehmen. Außerdem mussten sie länger als Männer auf eine Beförderung warten. „Wir müssen weg von dem Symptom, dass bei Frauen kritischer auf die Qualifizierung geschaut wird als bei Männern“, sagte Joschka Fischer. Er halte aber nichts davon, die alten Ungerechtigkeiten dadurch auszugleichen, dass man heute auch Quereinsteigerinnen in den höheren diplomatischen Dienst berufe. „Das Amt hält viel von einer einheitlichen Ausbildung. Diesen Ansatz in Frage zu stellen führt zu grundsätzlichen Diskussionen.“

Das Auswärtige Amt will nicht nur mehr Spitzenfunktionen mit Frauen besetzen, sondern auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Dazu gehöre, dass auch der Partner bei einer Versetzung einen Job finde.

Angelika Viets, die erste allein erziehende Frau im Auswärtigen Amt, glaubt, dass man in den vergangenen Jahren schon ein ganzes Stück weitergekommen sei. „Bei meiner Einstellung 1986 wurde ich noch als Fehlinvestition begrüßt. Das ist heute undenkbar.“ RALF GEISSLER