Hoffnung für Chiapas

Mexikos Zapatisten wollen auf Gesprächsangebot des neuen Präsidenten Vicente Fox eingehen. Subcomandante Marcos will in die Hauptstadt reisen

MEXIKO-STADT taz ■ Das Schweigen ist gebrochen, im südmexikanischen Chiapas wird wieder geredet. Dialog sei „möglich“, sagte der Sprecher der EZLN-Rebellen, Subcomandante Marcos, auf einer ad hoc einberufenen Pressekonferenz am Samstag im Dschungeldörfchen La Realidad in Chiapas. Um den Dialog zu beschleunigen, wollen im Februar 24 Comandantes der EZLN in die Hauptstadt reisen. Marcos nannte als Bedingung allerdings die Freilassung aller inhaftierten EZLN-Anhänger und die Schließung der verbliebenen Militärlager im Rebellengebiet.

Die Ankündigung der Zapatisten ist eine prompte Antwort auf den neuen Präsidenten Vicente Fox, der am Freitag in einer fulminanten Antrittsrede „Frieden in Chiapas“ und eine „neue Beziehung zwischen indigenen Völkern und dem mexikanischen Staat“ versprach. Fox ließ sogleich Taten folgen: Noch in der Nacht zum Samstag sind auf seine Anweisung über 50 Militärposten und ingesamt 10.000 Soldaten aus Einflussgebieten der EZLN abgezogen worden. Der 58-jährige Rechtspopulist, der früher den Chiapas-Konflikt „in 15 Minuten“ lösen wollte, hat offenbar gelernt. „Nie wieder ein Mexiko ohne euch“, zitierte er am Freitag einen Slogan der zapatistischen Indio-Bewegung. Und improvisierte, im Redemanuskript gar nicht vorgesehen, sogar eine direkte Antwort auf Marcos: Auch er habe die Hoffnung, dass es in Chiapas „das Morgengrauen sei, das erblüht“.

Marcos hatte sich nach sechs Monaten Funkstille am Mittwoch erstmals zu Wort gemeldet und in einem Abschiedsbrief an den scheidenden Präsidenten Ernesto Zedillo geschrieben, die Zapatisten würden „alles daran setzen, dass es das Morgengrauen ist, das zu blühen beginnt“. Voraussetzung dazu wäre die Wiederaufnahme der seit über vier Jahren brachliegenden Friedensgespräche. Diese scheiterten damals an der Blockade des Abkommens von San Andrés durch die Regierung.

Die Regierung stieß sich an der darin vorgesehen Gesetzesinitiative über indigende Autonomierechte. Fox will den damaligen Entwurf morgen als „erste Amtshandlung“ dem Kongress unterbreiten. Damit die Reform eine Mehrheit findet, muss allerdings auch seine Partei der Nationalen Aktion (PAN), die den Entwuf bislang als „separatistisch“ kritisiert hatte, zustimmen.

Als gutes Zeichen für einen Neuanfang wird die Ernennung des PAN-Politikers Luis H. Alvarez zum „Beauftragten für den Frieden in Chiapas“ gewertet. Der 81-Jährige, der als „integer“ gilt, ist einer der wenigen Konservativen, der die Zapatistenführer aus der Nähe kennt. Für deren langes Schweigen hat Alvarez sogar Verständnis. Schließlich seien die Aufständischen vom alten Regime „so oft betrogen“ worden, dass sie „erst mal Aktionen der neuen Regierung sehen wollen“. Bisher stehen die Zapatisten dem neoliberalen Fox recht skeptisch gegenüber.

ANNE HUFFSCHMID